Dienstag, 18. August 2015

Einsam, kalt und nass, 126. Tag



Bevor jemand auf die Idee kommt, sich angesichts der heutigen (18.8.) Überschrift Sorgen um mich zu machen – ist nicht nötig, das Motto heißt immer noch: WS-Sg (Wetter Sch… - Stimmung gut).
 
Zweites Frühstück schmeckt auch im Regen
Aber zum Regen, der eine halbe Stunde nach dem Auslaufen, also gegen 7:00 Uhr anfängt, kommt heute die Kälte, es sind etwa 16 – 17 Grad, für mich sonnenverwöhnten Dauerurlauber eindeutig ungewohnt und deshalb kommen auch die dicken HH-Fausthandschuhe wieder ans Tageslicht.

Ich will mich ja schließlich nicht noch in der letzten Woche erkälten.





Das bringt mich aber auf ein Thema, das ich immer schon mal ansprechen wollte:
Wie steht es eigentlich mit der Gesundheit auf so einer Reise? Alles gut? Oder Wehwehchen?
 
Für diese 2 Seiten brauche ich 5 Stunden


Also, ich kann nur sagen, ich fühle mich pudelwohl – besser als bei der Abreise.
Ich habe abgenommen, was mir Andrea auf Mallorca und auch die Marquardsens an der Mosel bestätigt haben, ohne dass ich gefragt hätte – man sieht es einfach – vielleicht so 8 Kilogramm?
Eine Wage habe ich nicht mit – aber ich fühle mich wohl dabei.
Wie kommt das? 7



Anker für den Notfall - zum Glück nie gebraucht

Informationszentrale

Nun, ich habe die Ernährung umgestellt – ich koche selbst.
Alles, was ich mir so zurecht bruzzele, schmeckt mir – und ich esse nur das, worauf ich Appetit habe.
Ich habe jede Menge Reis und Nudeln mit, bisher unangetastet in Vorratsschrank – einfach keine Lust darauf – stattdessen Kartoffeln, Müsli und ab und zu etwas Brot.
Also kohlehydrat-arm – oder nicht?
Ich bin kein Experte in Ernährungsfragen.



Weite Strecken einsam - nein, alleine mit mir.


Im heißen Mittelmeerraum hatte ich sowieso nicht so viel Appetit, wenn dann auf Salat mit „Pollo“, meditérane Küche, gesund und lecker.
Immer wenn ich koche, kommt Olivenöl dazu, soll auch gesund sein – und schmeckt.

Die "Designer-Enten" gibt´s nur hier

Trotz Mistwetter - schön

Und ich bin seit fast 5 Monaten an der frischen Luft – das zehrt - , tagsüber oft unterwegs, da futtert man auch nicht so viel – und – was mich wundert – auf Schokolade und anderen Naschkram habe ich überhaupt keine Lust – im Supermarkt gehe ich locker an den früher so verführerischen Regalen vorbei.

Das also zum Gewichtsverlust – alles positiv, nicht ausgezehrt und abgemagert.




 Die Bewegungen auf einem Boot sind ganz anders, als in der Wohnung, ich habe das immer schon im Frühjahr gemerkt, wenn ich die ersten paar Tage auf dem Boot war – und anschließend Muskelkater hatte.
Diese Art von Gymnastik betreibe ich nun schon Monate – und das zeigt Wirkung.
Bekanntlich liegt der Mast an Deck und ich muss oft, wenn ich zum Beispiel die Fender vor einer Schleuse auf die andere Seite hängen muss, darunter hindurch.
Zu Beginn der Reise fiel mir das etwas schwerer – „ooochhh, dieses Bücken“ – inzwischen tauche ich unter dem Mast hindurch, wie ein 17-jähriger Limbotäntzer – meine ich – jedenfalls bemerke ich eine deutliche Veränderung in der Beweglichkeit – vielleicht auch durch das Abnehmen unterstützt.

Vor Verletzungen hüte ich mich, so gut es geht – und bisher ist
Raindrops keep falling on my head ...
es gelungen.

Ich bin sehr vorsichtig, um mir nicht den Knöchel zu verknacksen oder das Knie zu verdrehen – das wäre alleine an Bord ganz schlecht.
Zu Beginn hatte ich Probleme mit dem Rücken, was aber wohl daran lag, dass ich am liebsten auf der Steuerbordseite sitze und so den Rücken etwas einseitig belaste – vorbei und vergessen.
Die Hände konnten zu Beginn die veränderten Anforderungen (nasse Seile, oft kräftig zupacken, ständig an der Luft) nicht so gut vertragen – mit Handcreme wurde das Problem gelöst – inzwischen brauche ich keine Creme mehr.


Zum Schluss noch, das was am Ende ´rauskommt.
Nach der Verdauung kann ich die Uhr stellen. Ist es die Nahrung, die Luft, das Olivenöl – keine Ahnung, jedenfalls ist es alles zusammen gut.

Ich werde versuchen, die positiven Erkenntnisse ins „normale“ Leben mitzunehmen – nur das mit der frischen Luft – Tag und Nacht – das wird schwierig – im Garten will ich ja auch nicht pennen.
Aber eine Umstellung wird es werden, denn die Stunden in geschlossenen Räumen kann ich an einer Hand abzählen.

In den Stunden (insgesamt 8), die ich heute im Regen unterwegs war, denkt man an alles Mögliche. 
Zu gucken ist ja nicht so viel, der Deister, die Porta Westfalica, die Landschaft – alles liegt im Nebel oder hinter Regenschleiern – da lenkt Nichts ab.
Ich frage mich, was wohl aus den Leuten geworden ist, die ich unterwegs getroffen habe.
Der Kieler, der am Rhein in Mondorf mit seinem Boot lag, das er billig irgendwo an der Mosel gekauft hatte, das ziemlich heruntergekommen aussah und nun mit Motorproblemen nicht  mehr aus dem kleinen Hafen am Rhein herauskam.
Ob er es geschafft hat, weiterzukommen?

Oder das finnische Paar in Gruissan am Golf de Lion, unterwegs seit mehr als einem Jahr, mit dem Ziel Kap Horn und dann weiter, mit einem alten Boot und sie im vierten oder fünften (geschätzt) Monat schwanger.
Ob sie noch unterwegs sind?

Oder der nette Holländer auf seinem großen, edlen Motorboot in Toul, der den ganzen Tag sein Ipad bearbeitet hat, offensichtlich nicht weiter wollte und mir mit einem Gardena-Wasserschlauchadapter ausgeholfen hat.
Was er wohl jetzt macht?

Mein kleiner Mikrokosmos, mein Boot, in dem ich in der Kajüte alles (Karten, PC, Kaffee …) im Umkreis von knapp 2 Metern im Zugriff habe, fährt also durch den Regen – es hat irgendwie etwas Meditatives.
Mir kommen längst verschüttete Erinnerungen wieder hoch, als ich die ersten und typischen niedersächsischen Kali-Abraumhalden sehe.
In der Nähe meines Geburtsortes – genauer gesagt in der Nähe von Empelde, einem Dorf am Rand von Hannover – gehörten diese „Berge“ zum täglichen Anblick und ich war als kleiner Junge immer fasziniert von der jeweils mit dem Wetter wechselnden Farbe der „Berge“.
Dabei kommt mir Opa Paul ins Gedächtnis, der als begeisterter Jäger erzählte, wie er einen Hasen verfolgte.
 „Zu Fuß, Opa?“
„Natürlich er rannte vor mir weg, ich hinterher.“
„Hast du ihn gekriegt, Opa?“
„Der war schlau, er ist die Abraumhalde hochgerannt …“
„Und du?“
„Ich auch, aber nach der Hälfte merkte ich, wie das Salz meine Stiefel auflöste, da bin ich schnell wieder ´runter, gerade noch rechtzeitig, unten war ich barfuß.“
„Und der Hase, Opa?“
„Na der war weg.“
„Aber Opa, tat dem Hasen denn das Salz an den Füßen nicht weh, Opa?“
„Ähh, komm, lass uns spazieren gehen, Tell will ´raus, er wedelt schon die ganze Zeit mit dem Stummelschwanz.“

Tell war der hervorragend ausgebildete Jagdhund meines Opas (Deutscher Kurzhaar) – und immer gut, unangenehmen Frage aus dem Wege zu gehen.

Vielleicht war mein Opa aber auch so ein geschickter Pädagoge, dass er mich nur davon abbringen wollte, die gefährlichen Kaliberge als Spielplatz zu benutzen – ich habe es jedenfalls nie versucht, Bergsteiger zu spielen.
Außer Geschichtenerzähler war Opa Wünschelrutengänger und Rennpferdespezialist – aber das sind andere Geschichten.

Die Sache mit der Hasenjagd hatte aber auch einen wahren Kern, denn meine Mutter musste als „Hausfrau“ der Großfamilie (meine Vater war als entlassener Kriegsgefangener bei der ganzen Familie meiner Mutter untergeschlüpft – daraus wurden mehr als 20 Jahre in Hannover) immer wieder Hasenbraten auf den Tisch bringen, den wir dann ganz vorsichtig kauen mussten, um nicht auf eines der vielen Schrotkörner zu beißen, mit denen die Hasen gespickt waren – anscheinend Volltreffer.
Mein Vater schrieb indessen Geschichten über das kleine Gerdchen (mich) für die Hannoversche Allgemein Zeitung und begann seine Karriere beim NDR, damals noch NWDR.
Erinnerungen an eine Zeit mit Glück und wenig Geld – das Glück blieb.

Und noch eine vergessene Geschichte.
Mir fällt Fräulein K. ein, meine Deutschlehrerin in der Grundschule - damals sagte man noch Volksschule – die Wert auf die Anrede „Fräulein“ legte, damals die Bezeichnung für unverheiratete, auch ältere Damen.

Fräulein K. hatte uns die Hausaufgabe aufgegeben, „Maus, Katze, Pferd und Igel“ in Schönschrift – in alt-deutsch, das wir noch lernen mussten – 40 Mal ins linierte Schönschreibheft zu schreiben.
Ich hatte andere Pläne und habe die erste Zeile geschrieben und dann 39 Zeilen mit Gänsefüßchen gefüllt.
Ich hatte wohl schon immer eine Leidenschaft dafür, das ökonomische Prinzip in der Praxis zu verwirklichen.
Fräulein K. war „not amused“, es folgten eine Strafarbeit und ein ernstes Lehrerinnen-Gespräch mit meinen Eltern.
Das Ziel kündigt sich an
Die schienen allerding durchaus „amused“ über ihren Sprössling zu sein…

An solche Geschichten erinnert man sich sonst nicht – im Alltag mit seine Ablenkungen – das passiert nur hier, auf der Fahrt durch die weite, flache und neblige und durch keine Untiefen, Schleusen oder Sonstiges ablenkende Landschaft – und auch deshalb hat die Reise etwas Besonderes – man findet zu sich selbst und kramt erstaunt in den alten Erinnerungen.





Der Nordhafen - hier ist die Industrie zuhause
Gegen 14:00 Uhr tauchen die ersten hannoverschen Stadtteile und der Nordhafen auf – merkwürdig, da ich gerade vom Erinnern gesprochen habe – an diesen Teil der Strecke habe ich überhaupt keine Erinnerung – alles scheint mir neu.

Wahrscheinlich war es im April zu kalt für diesen Teil des Gehirns, es war noch Eis an Deck, als ich morgens losgefahren bin – mit dem Ziel des warmen Südens vor dem geistigen Auge.


Und da ist er - der Yachthafen von Hannover



Im Hafen ist dann viel zu tun, Einkaufen, Tanken, Geldautomat besuchen – Kreditkarten sind in deutschen Häfen nämlich eher unüblich –im europäischen Ausland dagegen das Normale – Vorbereitungen für die Weiterreise an die Ostsee.


„Like“ Hannover, auch den kleinen Yachthafen – mit seiner guten Internetanbindung.
Und das Motto WS-Sg bleibt bestehen.

Montag, 17. August 2015

Kein Vergnügen – aber was soll´s, und und und, 125. Tag




Die Nacht zum 17.8. (heute) hat es geschüttet wie aus Eimern und laut Wetterbericht soll es am nächsten Tag so weitergehen.
Ich habe geplant, trotzdem loszufahren, wenn es einigermaßen geht und das Sonnensegel als großen Regenschirm über dem Cockpit aufzuspannen.
 
Bereit für die Sonne - und den Regen

Kein Schnee - nur Regen

Tanken muss ich auch noch – nur wann? Denn bei dem Wolkenbruch hätte ich gleich Wasser im Tank.

Um 5:00 Uhr werde ich wach – Stille – kein Gepladder auf Deck – also kein Regen – allenfalls ein bisschen Nieseln.






Ich werde aktiv – man muss die Wetterfenster nutzen – springe aus der Koje, schütte zwei Kanister Diesel in den Tank  und baue das Sonnen-Regen-Segel über dem Cockpit auf.
Es wird langsam einigermaßen hell, zum wieder unter die Bettdecke kriechen ist es dann zu spät -  außerdem erwacht in mir, kaum ausgeschlafen - immer das See- bzw. Kanalfieber –  ich will dann los.





Also - nach den Arbeiten wird Frühstück gemacht (Kaffee und Müsli) und dann, kaum dass es hell ist, werden um 6:30 Uhr die Leinen losgeworfen.
Es ist trocken, aber nebelig, so dass man das Gefühl hat, nass zu werden – von allen Seiten.
Auf dem Kanal nimmt der Nebel dann noch zu, eigentlich dürfte ich nicht mehr fahren – aber wo hin jetzt?
Da vorne is´einer

Das soll 3 Tage dauern ...

Anlegestellen sind nicht in der Nähe  – also weiter – und gegen 9:00 Uhr hat sich das Problem erledigt, der Nebel ist weg, dafür ist der Regen da.
Und bleibt den Rest des Tages.

Das Sonnensegel tut in neuer Funktion seinen Dienst, es ist wesentlich angenehmer als Gestern und ich bleibe einigermaßen trocken – obwohl es immer mal wieder von oben durch die Ritzen tropft.

Ein Vergnügen ist das nicht. Aber was wäre die Alternative?

Im Hafen bei Regenwetter herumsitzen und wohlmöglich das für nächste Woche gute Wetter auf der Ostsee verpassen?
Nöööö, dann doch lieber durchhalten und ein paar Meilen in die richtige Richtung machen.
Außerdem sind die beiden Paddler mit ihren Wanderkajaks, die ich unterwegs überhole, viel schlimmer ´dran – und kalt ist es wenigstens nicht.



Oder liegt es daran, dass ich wieder die Funktionsunterwäsche und die dicken Stiefel anhabe?
Tja, wie schon gesagt – gegen Kälte kann man sich schützen – der Hitze ist man ausgeliefert.
 
Na, wo ich bin, weiß ich wenigstens
Schwacher Trost bei sieben Stunden Fahrt durch den Regen.

Im Hafen der Marina Lübecke ist es dann schlagartig trocken und nach zwei Stunden Heizlüftereinsatz sind auch die Klamotten wieder für den nächsten Tag (soll so bleiben Morgen) bereit.
Und dann fängt es auch wieder an zu regnen – aber das ist mir jetzt ganz egal …  und außerdem ist das Boot jetzt einigermaßen sauber … und ich bin 80 Kilometer weiter als Gestern.


Schrott ist auch das Wetter
Und es gibt hier Internet! Hurra!
Und ich kenne sogar das Passwort, hatte ich im Logbuch notiert  – denn heute ist im Hafenlokal Ruhetag (war auf der Hinreise auch – komisch) – trotzdem, das Vereinsheim steht offen, Duschen sind zugänglich und ich kann die Bilder der letzen Tage hochladen.
 
Nass draußen - aber gemütlich drinnen
Dabei gemütlich die letzte Flasche Rosé abarbeiten – auch ein nasser Tag kann noch schön werden.
Morgen geht es weiter – und Elvis sagt, der Weg nach Norden ist frei.


Ich hatte schon Bedenken, doch er Funkspruch, den ich bruchstückhaft über die Teilsperrung der Schleuse Uelzen gehört habe, bezog sich nur auf Heute und Morgen – Schwein gehabt.

Wann wird´s mal wieder richtig Sommer und zwei Enttäuschungen und die Socken, 124. Tag



Um die Eingangsfrage aus Rudi Carells altem Schlager gleich zu beantworten:
Irgendwann bestimmt, ganz sicher.

Aber heute (16.8.) nicht – und das ist die erste Enttäuschung.
Der Wetterbericht sah gestern Abend schon nicht besonders aus – ich habe gehofft – heute Morgen auch noch, denn es war trocken – aber nicht lange. Es schüttet immer noch, scheint sich richtig einzuregnen in den nächsten 2 – 3 Tagen.

Um das Wetter kurz zu beschreiben:
Beständiger Regen in unterschiedlicher Stärke, mit kurzen Pausen.
Wobei bei mir die kurzen Pausen eigentlich nur zutrafen, wenn ich unter einer Brücke durch gefahren bin.

Aber was will ich mich beschweren?
So viel Sonne, wie ich seit Mitte April getankt habe, werde ich wohl die nächsten 10 Jahre nicht mehr abbekommen – also „come on“, das stehen wir auch noch durch und danach, ich sag`s dir Rudi, wird´s wieder richtig Sommer, für die Überquerung der Ostsee in Richtung Flensburg.

Im Moment läuft in der Marina Recke der Heizlüfter im Boot auf Hochtouren, um die beiden nassen Regenjacken und den Overall zu trocknen, die Schuhe werden morgen gewechselt – es ist wieder Zeit für die Segelstiefel.
Sandalen in den Schrank - Stiefel ´raus
Ja,und ich gehöre seit heute wieder zu der Sorte Menschen, die sich jeden Morgen Socken anziehen – diese Spezies lebt vorwiegend im Norden Europas, ich konnte das beobachten auf meiner Tour und habe selbst, gefühlt seit Monaten – keine Socken mehr angehabt – das scheint nun vorbei zu sein.







Das soll aber nicht nach Gejammer klingen, um es mit vier Worten auszudrücken: „Wetter Scheiße – Stimmung gut“.


Fahrt total gleichmäßig
Die zweite Enttäuschung in diesem Hafen ist das nicht funktionierende Internet – die ganz netten aber etwas verplanten Hafenbetreiber sind schon in den wetterbedingten Feierabend entschwunden, außerdem „war der Abend gestern wieder so lang“, man feiert hier eben ganz gerne, so dass ich auch keine Möglichkeit habe, mal zu fragen, ob die Sicherung ´drin steckt.
Euch hab´ ich schon als Babies gesehen

Bürgerlicher Wohlstand - Deutschland

Vor ein paar Monaten war ich in diesem Hafen, als der Tanz in den Mai gefeiert wurde – da war die Sicherung auch draußen.

Vom heutigen Tag ist aus Motorbootfahrersicht sonst nicht viel zu berichten – der Dortmund-Ems-Kanal ist so schön langweilig. 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 Es passiert nichts Ungewöhnliches, es geht fast immer geradeaus (Selbststeuerung), es ist immer tief genug, es ist wenig Verkehr, die eine Schleuse (Münster) öffnete schnell und das Schleusen war problemlos – es ist eben richtig schön langweilig, ich habe das genossen, weil so eine stresslose Fahrt, ohne ständig auf das Echolot zu schielen und alle 20 Minuten in eine Schleuse zu fahren – so eine Fahrt ist auch mal ganz schöne – noch schöner wäre es, wenn das Wasser nur unter dem Schiff wäre und nicht auch noch im Kragen, in den Schuhen und auf der  Brille – aber, siehe oben …Wetter -Stimmung gut.


Kunst am Bau


Da morgen auch nichts Besseres angesagt ist (sogar 3 Tropfen bei Wetteronline) werde ich einen etwas kürzeren Törn einlegen und nur etwa 60 Kilometer (statt heute über 90 fahren) – und dann hoffentlich auf das erste vernünftige Internet im Land der Sockenträger treffen.



Samstag, 15. August 2015

Ich bin wieder hier, in meinem Revier …, 123. Tag

Abschied vom Rhein

Duisburg voraus, rechts ab in den Rhein-Herne Kanal
Dass ich heute kein Internet habe (15.8.),möchte ich nicht unerwähnt lassen – aber dafür bin ich richtig glücklich, in dem kleinen schnuckeligen Hafen des Yachtclubs Dortmund-Ems e.v. Olfen zu sein.

Auf dem Hinweg war ich auch hier – eher durch Zufall, denn der Hafen in dem ich mich angemeldet hatte (Yachtclub Datteln) war in der Einfahrt verschlammt.



Dieser Hafen hier ist einfach „sweet“, mit einem hervorragenden Badezimmer, das als Sanitäranlage zu bezeichnen, untertrieben wäre.
Aber ich bin nicht wegen des Badezimmers so happy (Duschen wird …), sondern habe irgendwie das Gefühl, wieder ganz nah der Heimat zu sein – ich bin nicht sentimental, aber es bewegt mich, wieder hier zu sein, auf der Strecke, die ich jetzt schon kenne – und die ich auf dem Hinweg in 14 Tagen gefahren bin, inklusive 5 Tage Pause in Hannover.

Duisburg, da kommen wir her

Einfahrt in den neuen Kanal - jeden Tag einen...

Natur und Industrie - abwechselnd
Ich freue mich auf die nächsten Tage, es ist eine andere Freude, als die Vorfreude auf neue Eindrücke, neue Landschaften  und Abenteuer – es ist wohl einfach die Freude, den Rest der Strecke unbeschwert genießen zu können.
Das Gute noch einmal erleben … ist das konservativ?
Ich finde nicht, das Gute kann man ruhig erhalten – und auch in der Wiederholung genießen – und das habe ich vor.




Hinter mir liegen etwa 400 Schleusen, die letzten 5 heute wurden problemlos absolviert, mit deutscher Gründlichkeit in der Anmeldung „Legen Sie sich auf den Warteplatz für Sportboote und warten Sie auf standby auf weitere Anweisungen“ –aber hat alles perfekt geklappt – und das ist die Hauptsache.







Aber nach meinen europäischen Erfahrungen während meiner Reise quer durch die EU, auch mit Schleusen, kann ich schon verstehen, dass die Ausländer (besonders vielleicht die Südländer), die deutsche Gründlichkeit und den deutschen Hang zur Perfektion etwas belächeln oder zumindest als “typisch deutsch“ bezeichnen.





Gelsenkirchen hat nicht nur Schalke04 - auch ´ne Schleuse

Und Kraftwerke gibt´s hier auch -
nicht nur an der Rhône
Aber es klappt alles – und darauf können wir stolz sein – und ich glaube auch, dass bei allem Belächeln unserer deutschen Eigenheiten eine gehörige Portion Bewunderung mit dabei ist – vielleicht sogar ein wenig Neid auf das, was mit der Perfektion und dem Fleiß verbunden ist – der Wohlstand.
Und fleißig ist man hier, das merkt man gerade hier im Ruhrgebiet.





Überall wird das Bruttoinlandsprodukt BIP in die Höhe getrieben – gerade hier, wo sich auf meiner Kanalfahrt Industrie, Gewerbebetriebe und schöne Natur in schneller Folge abwechseln.

Nur mit dem Internet da müssen wir …. aber das Thema habe ich ja nun schon breitgetreten – und hier im idyllischen Hafen in der „Alten Fahrt Olfen“, vermisse ich es auch nicht wirklich – meine Hochleistungsantenne hat nicht einen einzigen Zugangspunkt gefunden – nicht Einen!
Das gab es nicht einmal in der Camargue!
Viel los vor Datteln - Bootsrennen

Dort bin ich vor etwa 4 Monaten langgefahren - nach Wesel

Ab ins Regal -Rhein ist fertig.

Morgen – wenn alles gut geht – werde ich in einem Hafen anlegen, den ich ebenfalls von der Hinreise kenne – ich bin eben wieder hier, in meinem Revier – und dort gibt es Internet, weiß ich noch, ich hoffe, die Sicherung ist dieses Mal in Ordnung.

Das Wetter ist bisher wunderbar, immer noch 28 Grad (18:30 Uhr) – angekündigte Gewitter haben sich irgendwohin verzogen – ich hoffe, dass ich weiter so viel Glück habe – und morgen gegen Nachmittag auf den ersten Kilometern im Mittellandkanal nicht „nass gemacht“ werde.
Auf meinem Weg bis Lauenburg liegen noch 3 große Schleusen und das Hebewerk, danach nur noch Kleinschleusen im Elbe-Lübeck Kanal – das wird zu schaffen sein.

Ach ja, stolz bin ich auch, dass mein Blog bisher über 14 000 Mal aufgerufen wurde – hätte ich nicht gedacht.
Die Frage stellt sich jetzt, wie kriege ich die Zahl auf 20 000 in den letzen paar Tagen?



Sollte ich vielleicht ein paar Aktfotos von mir einbauen, um neue Interessentenkreise zu erschließen?
Ich glaube eher nicht (war nicht ernst gemeint) – denn damit würde ich die bisherigen Leser wohl eher verprellen, das will ich nicht – sondern mich schon mal bei allen bedanken, die meine Reise bisher von zuhause mit verfolgt haben.

Freitag, 14. August 2015

Unterwegs im Entwicklungsland, Schimanski war hier und der nächste Stecker, 122. Tag



Heute um 15:00 Uhr (14.8.) fahre ich an der Fabrik vorbei, in der sich Schimanski immer prügelt, gefühlt 100 Mal Sch… sagt und mit rudernden Armen hinter den bösen Jungs herläuft.
Einfahrt in Schimanskies Hafen

Ich fahre durch den Duisburger Hafen, genauer den Außen- und den Innenhafen, an dessen Ende die Marina Duisburg liegt.

Acht Stunden vorher bin ich aus dem idyllischen Mondorf aufgebrochen – vorsichtig mit 2 Knoten durch die Ausfahrt, denn dort gibt es auch Schlammbuckel.
Kaum auf dem Rhein, stieg die Fahrt von 2 Knoten auf 5 Knoten an, ohne dass ich am Gashebel gespielt hätte, also 3 Knoten Strom, etwa 5 – 6 km/Std.

 
Aber die Marina Duisburg (offizieller Name) ist ok.




Der Rhein zeigt sich wieder von seiner netten Seite – ich mag ihn richtig – er schiebt mich in Richtung Heimat, es ist warm und der Wind kommt schräg von hinten, also fast nie Wellen.
Die Wellen kommen nur, wenn ich Frachtern begegne oder überholt werde – und das ist heute nicht selten.



 
Schöne Fahrt auf dem großen Fluß



Merkwürdigerweise ist es nicht so, dass alle paar Minuten mal ein Frachter vorbeikommt, es ist wie im Straßenverkehr, sie kommen geballt.
Selfie vor den Schleswiger Kölner Dom

Natur und Industrie wechseln ständig - am Rhein

Entweder der Rhein ist leer, oder ich fahre zwischen mehreren Frachtern hindurch, werde von einer Gruppe überholt oder muss einer Gruppe, die von vorne kommt, ausweichen.

Das Ausweichen ist nicht immer ganz easy, denn meistens zeigen die Entgegenkommer die blaue Tafel, ich muss also auf die andere Seite – nicht immer möglich, bei einer ganzen Kette von Containerschiffen, Schubverbänden und Tankschiffen.




Ich bleibe dann einfach wo ich bin – stört anscheinend auch keinen – nur mich stört es, denn die Profis wechseln nicht ohne Grund die Seiten. Entweder die Strömung ist dort günstiger oder es ist tiefer, beides will ich auch haben – geht leider nicht immer.
Eine der vielen Fähren über den Rhein
 
Ruine der "Kaiserpfalz"

Aber trotz dieser kleinen Schwierigkeiten – die auch die Langeweile verhindern – ist die Fahrt prima und vor allem schnell.

Etwa 120 Kilometer oder 67 Meilen in 8 Stunden ist ein guter Schnitt.








Ich komme durch alle möglichen Fußballbundesliga-Städte, fahre allein drei Mal an den Bayer Werken (verschiedene) vorbei, Ford Köln liegt auf dem Weg und zum Schluss eben Schimanski´s Spielplatz mit seinem morbiden Industriemuseum-Charme.

Der Hafen ist ansonsten sehr nett, auf der einen Seite die Gebäude vom WDR-Duisburg (modern) auf der anderen Seite die Altstadt und die Industriebrachen, es gibt moderne Sanitäranlagen, Aldi, Lidl und andere ganz nah – und einen Hafenmeister, der schon mal Statist im Tatort war - Tatort Duisburg ist ja klar - und der sogar Flensburg kennt.

Nur eines fehlt wieder einmal – das Internet!

Es ist wirklich zum …. warum geht das im Ausland problemlos – und im Industrieland Nummer Eins in Europa, in der Konjunktur-Lokomotive für die EU und die Weltwirtschaft, im Hightech-Standort – da fühlt man sich wie in einem Entwicklungsland.

Eine einfache Gesetzesänderung würde schon viel bewirken, Anbieter von Internetzugängen sollten nicht mehr den „Endverbraucherstatus“ haben, mit der Konsequenz, dass sie für alles verantwortlich sind, was über „ihren“ Anschluss im Internet angestellt wird.
Das ist für viele – und besonders für öffentliche Einrichtungen, wie kommunale Häfen – ein zu großes Risiko.
Also, Minister Dobrindt, wenn Sie das hier lesen – was ich hoffe – ein paar Experten suchen, Kommission gründen (nein – das wäre ein Begräbnis 2. Klasse) – also keine Kommission, einfach Experten fragen und es so machen wie viele europäische Nachbarstaaten.
Wie ist egal – Hauptsache es läuft.

Das bringt Wählerstimmen!
Und das Gesetzt der „antizipierten Reaktion“, nach dem Politiker handeln, würde auch beachtet – denn alle würden Dobrindt und seine politischen Freunde wählen (also positiv reagieren) wenn er das Internet auf Vordermann bringt.

So, das war mein Ausbruch als Staatsbürger, Internetabhängiger und Wähler.

Was macht man nun mit einem Nachmittag und Abend, an dem es kein Internet gibt (also keine Fotos hochgeladen werden) und auch kein Fernsehen, das sonst ebenfalls über WWW läuft?

Man erfindet neue Rezepte (Steak mit …..), hat dabei eine Rosé im Glas und liest ein Buch.

Das ist auch prima – aber es ist eben ein bisschen „yesterday“, wie Wolfgang Joop sicher sagen würde – ich habe lieber die Auswahl: „yesterday“, „today“ und „tomorow“ – ganz wie es mir gefällt.

Morgen geht es dann weiter – nicht mehr nach Norden, sondern jetzt ist die Hauptrichtung „Osten“, zur Ostsee.
Durch einige Kanäle, durch einige Schleusen, ein Hebewerk und mit einigen zu flachen Häfen auf dem Weg – macht Nichts, ich habe eingekauft und kann auch ein paar Tage ohne Hafen überstehen – Duschen wird ja ohnehin stark überbewertet.

… und irgendwo unterwegs gibt es ja auch einen Internetzugang … Dobrindt? Ja nee, is´ klar nä?
Stimmungsvoller Hafen ohne Internet - Duisburg

Morgendlicher Aufbruch - tschüss Schimanski

Aber ich will den heutigen Beitrag nicht mit diesem quasi-politischen Thema beenden, sondern vom merkwürdigen Steckersterben im Yanmar-Diesel berichten.
Heute Morgen, beim Motorcheck lag schon wieder ein abgegammelter Stecker im Motorraum, zum Glück war mir diesmal klar, wozu er gehört.
Zu Nichts. 




Es ist der ominöse Stecker am Yanmar-Motor, der ohne Anschluss an der Backbordseite baumelt – bisher habe ich niemanden gefunden, der weiß, welche Funktion dieser Stecker hat.
Nun, jetzt hat er keine mehr, den er ist einfach abgefallen, die Kabel sind kurz vor dem Stecker gebrochen, wahrscheinlich von den ständigen Vibrationen und aus Altersschwäche.





Nichts Dramatisches also – aber ich hoffe natürlich, dass die Stecker, die eine Funktion haben, alle da bleiben, wo sie hingehören.
Werde noch mal eine Überprüfung starten, bevor an das leibliche Wohl des Skippers, der Hilfsmatrosen, des Navigators, des Mechanikers, des IT-Spezialisten und des Kochs gedacht wird.