Donnerstag, 30. April 2015

Im Reich der Sinne und ein Rätsel, 15. Tag



Es war heute Nacht (30.4.) zum Glück gar nicht sooo kalt.
Nachdem mich die Lübbecker Amseln mit ihrem Gezwitscher geweckt hatte, um 5:00 Uhr (auch Wecker) hatte ich kuschelige 10 Grad in der Kajüte, kann man aushalten.
Morgiiii, Andrea!

Der Tag beginnt – das ist die Gelegenheit, einmal meinen Tagesablauf grob zu beschreiben.
Also eigentlich beginnt er schon am Nachmittag oder Abend davor, wenn ich im Handbuch die Strecke für den nächsten Tag ansehe und mir den Zielhafen aussuche.
Hinzugezogen wird eventuell das Internet, weil im Handbuch die Wassertiefe nicht immer steht und ich manchmal auch spezielle Wünsche habe, sowie heute: Waschmaschine und Trockner.

Morgens muss ich mich dann nur noch frischmachen, anziehen, alles bereit legen und es kann losgehen – dauert nach dem Aufstehen etwa 45 Minuten.
Am Abend vorher habe ich meist schon Trinkwasser in den Wasserkessel gefüllt, das wird jetzt heiß gemacht und in 2 Thermoskannen gefüllt – eine erste Tasse Kaffee für den Start fällt dabei ab.

Noch schnell Ölstand im Motor checken, und los.
Ach ja, die Müslischale für das Frühstück unterwegs mit der selbstgemachten Müslimischung (frei Hand, wegen der Abwechslung) bereitstellen. Weil keine Wellen zu erwarten sind, kann das einfach so auf dem Kajüttisch stehen, sicherheitshalber aber noch ohne Milch.
Jetzt aber los, mit Schwimmweste!

Frühstück unterwegs
Nach einer Weile dann der 2. Kaffee, dann das Müsli, dann was zu knabbern, dann noch `n Kaffee, zwischen durch Wasser trinken, immer mal wieder auf die Karte gucken, wo wir gerade sind, Fotos machen, mit der GoPro filmen… gucken, riechen, fühlen, hören.



Gar nicht mehr so flach hier, Berge im Hintergrund






Gestern habe ich über’s Gucken geschrieben, das Fühlen und Hören unterwegs beschränkt sich eigentlich darauf, den Dieselsound zu überwachen – läuft er ruhig, keine Vibrationen, plätschert das  Kühlwasser am Heck, usw..

 Aber das Riechen, es spielt eine Rolle, obwohl ich eigentlich eine schlechte Nase (zum Riechen habe), seit ich in der Studienzeit viele Surfbretter mit Epoxyd-Harz gebaut habe und mir dabei die Schleimhäute ein wenig betäubt habe.


Warten auf bessere Zeiten

Man wird sogar mit Einkaufstipps versorgt



Aber jetzt unterwegs riecht es immer wieder anders.
Beim Auslaufen muss ich an einem Bäcker vorbeigefahren sein – roch nach frischen Brötchen, kurz danach hat wohl jemand einen Braten in die Röhre geschoben, zwischendurch mal wieder eine Schweinemastanlage (schnell weiter) ...

Da sind die Schnellen unterwegs - nicht rasen, reisen!

Das ist wohl unser Wohlstandsmüll, sieht nach Recycling aus.

... es riecht nach Malz bei Verladestationen, nach Silage, wieder nach Landwirtschaft so in Richtung Kuhstall, nach Kohle und dann wieder nach Rapsblüte und Kiefernwäldern – das meine ich mit Fest der Sinne.




Ich hoffe, diejenigen denen ich begegne, fragen sich nicht auch, was hier so riecht, wenn ich vorbeikomme – aber nein, ich habe geduscht.



Nach etwa 8 Stunden, also ungefähr 80 Kilometern oder 40 + x Seemeilen, bin ich dann im nächsten Hafen – vorher, so ungefähr ein bis zwei Stunden vor dem Einlaufen, fange ich an ans Essen zu denken, denn der Apfel, den ich mir nach dem Müsli gegönnt habe (an apple a day …) hält nicht lange satt.
Ich gehe in Gedanken die Vorräte durch und überlege mir, welches Menü ich heute auftischen kann – meistens deftig, irgendwas mit Spiegeleiern.
Aber heute in der Marina Recke, bei Mittelland-Kanalkilometer 12,8, findet Tanz in den May statt (es ist der 30.4.) und es soll Würstchen geben. Die Küche (die eigene) bleibt kalt.

Ja was ist das denn, dahinten in vornehmen Grau?




Ich könnt' reihern bei dem Betrieb heute ...?!
Mir langt's, ich hau' ab...



Up up and away ...
Im Hafen dann wieder aufräumen, eventuell tanken usw. ...
Und dann noch Tagebuch schreiben, den Blog, eben das hier.

Heute steht ein kleiner Motorcheck  an, Ölstand (wie immer), Wasserfilter, Keilriemen-Spannung, Sichtkontrolle auf Leckagen oder Ölgeschmiere – das war’s schon.
Mehr ist nicht zu tun und mehr könnte ich auch nicht selbst.
 
Yanmar 2GM20, sieht gut aus, er mag das...
Ich habe jetzt inzwischen 75 Motorstunden gefahren, das hört sich nicht viel an, aber wenn man die bisherigen Motorstunden, die ich in 20 Jahren gefahren bin vergleicht, doch. 

In 20 Jahren habe ich es auf 700 Motorstunden gebracht – in den letzten 14 Tagen also sozusagen ein Jahrespensum erledigt – ich hoffe, der Diesel mag es und ist glücklich.






Und nun noch die Frage des Tages an den geübten Kanalfahrer: Wozu braucht man eigentlich im Kanal Sicherheitstore, die ich hier alle paar Kilometer passiere.

Gegen Terroristen?
Das soundsovielte Sicherheitstor
Gegen unerwünschte Konkurrenz für die deutsche Yachtbauindustrie aus dem Ausland, Beneteau, Jeanneau, Halberg Rassy usw. werden ausgesperrt?
Oder gegen Ufos?

Es gibt noch einige Möglichkeiten, ich schätze aber, sie sind eher gegen Hochwasser (eventuell), aber noch wahrscheinlicher sollen sie den Kanal vor dem Leerlaufen schützen.

Falls irgendwo ein Kanaldamm bricht (also doch Terroristen), würde der Kanal ja leerlaufen, weil er oft über dem angrenzenden Land verläuft. Damit nicht alles ausläuft, kann man in so einem Fall die Sicherheitstore  beidseitig des Lecks schließen - und es passiert nicht ganz so viel.
Dlyop =Do'nt like your own post! Wn = Why not???


Morgen werde ich den Mittellandkanal hinter mir lassen und in den Dortmund-Ems-Kanal einbiegen, am „nassen Dreieck“ (heißt wirklich so, habe ich mir nicht ausgedacht). 



Danach kommt dann der Wesel-Datteln-Kanal und dann sind wir am Rhein (Sonntag? - ich hoffe.)