Montag, 3. August 2015

Sommerlicher Schleusenmarathon und Übernachtung im Niemandsland, Teil 1 und Teil 2, 110., 111.. Tag


Teil1:
Der Franzose am Kai von Fontenay sagte mit beim Ablegen, dass die Schleusen erst um 9:00 Uhr aufmachen, auch heute am 2.8..
Ich weiß das auch, aber bisher hatte ich oft das Glück, dass ich schon um 8:30 Uhr in der Schleuse war.
Und so war es auch heute – um 9:00 Uhr war ich schon in der zweiten Schleuse und hatte alle hinter mir damit erst einmal abgehängt.
Es ist für mich am besten, alleine zu schleusen, deshalb diese Eile, denn dann kann ich mir den Platz aussuchen und muss nicht fürchten, dass mir einer „an de farv“ kommt.
Noch alleine, keineVerfolger in Sicht und wieder diese tollen Bilder, Wasser, Wald, Himmel

Und es hat geklappt, ich war den ganzen Tag alleine in den Schleusen, insgesamt 27 Stück. Auf der Hinfahrt hatte ich auf diesem Kanalstück 33 Schleusen geschafft und am Ende vor der 34. und vor dem Hafen, im Wald übernachtet.
Mal sehen, ob ich heute die 34 schaffe und damit den Scheitel zum Mittelmeer (besser vom Mittelmeer weg), danach geht es dann meistens bergab Richtung Mosel, Rhein und Ostsee.

Aber es sollte anders kommen.
Statt einen neuen Schleusenrekord aufzustellen, habe ich wahrscheinlich den Rekord im Telefonieren mit der VNF aufgestellt, 5 Mal musste ich dort anrufen, weil entweder eine Schleuse defekt war oder (1x) weil eine Drehbrücke nicht besetzt war.

Allegro in einer der typischen Schleusen,
Hub etwa 3,00 Meter

Der Brückenwärter war einfach nicht da – und ich konnte 45 Minuten warten, bis ein Ersatzmann auf dem Moped angerast kam – immerhin.

Die Fahrt sonst war schön – und schön warm, denn die Hitze ist zurück, 30 Grad waren es unterwegs, mindestens.
Aber durch den Schatten der Bäume und ab und zu Wind, war es gut auszuhalten.

Leiter und Bedienstangen leider gegenüber, also "rennen"

Allegro wartet artig, dass ich wieder herunter
geklettert komme, der weil startet die Schleuse













Anstrengend war es trotzdem, denn die Schleusen waren nicht für meine „Schnellschleuse-Methode“ geeignet, die blaue Stange war immer weit vorne in der Schleuse angebracht – und da wollte ich nicht hin, weil dort das Wasser gewaltig hereinstrudelt.
Also immer hinten an einer Leiter angelegt, festgemacht, die Leiter hoch (immer 3 Meter), um die Schleuse herum zur blauen Stange, Stange bedient und im Laufschritt zurück, Leiter hinunter auf’s Boot und die Leinen bedient.
Ein Zirkeltraining ist nichts dagegen.

Rot-Grün = en préparation

Das Schleusen ging dann routinemäßig, da hier alle Schleusen gleich sind, passiert immer dasselbe – man kann sich gut darauf einstellen.
Zuerst kommt die Welle von vorne, also Achterspring festhalten, dann wird diese Welle vom hinteren Tor zurückgeworfen – Aufgabe für die Bugspring – und danach muss man eigentlich nur noch festhalten und die Leine umlegen, wenn man nach oben gehoben wird.
Das Ganze heute also 27 Mal.




Zwischen durch einige Grundberührungen - ich erschrecke mich immer noch, jedenfalls, wenn sie während der freien Fahrt passieren – die Blödeste war die vor einer Schleuse, in die ich hinein wollte und ein Motorboot wollte hinaus.
Ich bin so weit wie möglich an den Rand gefahren, der Typ hat aber überhaupt keinen Platz gemacht, mit seinen 6,50 Meter langen Stinker und mich in den Schlamm gezwungen. Hat mich einige Mühe gekostet, da wieder heraus zu kommen.

Eigentlich wäre mehr ´drin gewesen, aber an den letzten drei Schleusen war ein Boot vor mir, dass alle drei Schleusen irgendwie außer Betrieb gesetzt hat.
Ich konnte es von unten nicht so genau erkennen, aber bei der ersten der drei Schleusen ist er von oben hineingefahren, dann standen plötzlich beide Lampen auf rot – also „en  panne“ und der Typ für rückwärts wieder `raus.
Damit hat er das ganze System durcheinandergebracht, denn die Sensoren waren wohl verwirrt, dass einer `rein aber nicht wieder `raus kam – jedenfalls nicht auf der richtigen Seite.
Es gibt auch schöne und bewohnte ehemalige
Schleusenwärterhäuschen, dies hier gehört zur
anderen Kathegorie

Jetzt liege ich also 6 Schleusen vor meinem eigentlichen Ziel im Wald, unterhalb von Schleuse 8, an einem Anleger ohne Strom und Wasser – aber tief genug – und ein paar Meter hinter mir der „Schleusenterrorist“, ein dem Aussehen nach uralter Holländer mit einem schmucklosen Motorboot – ich hoffe, er fährt morgen in die andere Richtung oder bricht später auf, den mit dem möchte ich nicht zusammen schleusen.
Hinter mir einer, den ich loswerden will ...






In den nächsten 2 Tagen wird es mit Strom, Internetverbindung und Wasser nicht viel besser werden, denn die Vogensen – die ich gerade überquere, sind eine ziemliche, aber eine schöne Wildnis.



Zum Fahrradfahren auf den Treidelpfaden am Kanal super, zum Abschalten vom Weltstress auch super, zum Kanalfahren super (wenn das Wasser da ist und die Schleusen funktionieren) –aber großer Mist zum Surfen im Internet, zum Telefonieren (geht gerade noch), whatsapp‘en und bloggen.

Naja, man kann nicht alles auf einmal haben- ich bin jedenfalls immer noch froh, dass ich diesen Kanal fahren darf – und nicht den Riesenumweg oder den LKW nehmen musste.

Und in 2 – 3 Tagen bin ich auf der Mosel, die ist tief, schiebt mich an und soll landschaftlich auch sehr schön sein – freue mich ´drauf.
Und die Häfen sind wieder an die moderne Kommunikation angeschlossen …


Teil2:
Heute, am 3.8., lief der alte Holländer um 7:00 Uhr aufgeregt auf der Wiese neben dem Anleger herum und fuchtelte immer wieder mit der Fernbedienung für die Schleusen herum – ich glaube er versuchte, die Schleuse zu öffnen!
Ich habe versucht ihm zu sagen, dass die Schleusen erst ab 9:00 Uhr aktiv sind – das dauerte eine Weile, denn er versteht außer holländisch gar nichts und ist zudem schwerhörig, wie er mir in Zeichensprache klar machte.

Der Blick nach vorne gerichtet, den hinten
ist noch "der"

Aber nach einer Weile hat er es kapiert und wir haben es sogar hinbekommen, uns zu einigen, wer in unserem Zweierkonvoi (leider ja!) vorne fährt – ich.
Ich will in der Schleuse lieber vor ihm stehen, denn hinter ihm hätte ich die Befürchtung, dass er von der Strömung auf mich getrieben wird – vorne ist es zwar unangenehmer und anstrengender, aber ich habe nur mit der Schleuse zu tun und nicht mit einen unberechenbaren, schwerhörigen, Motorboot fahrenden Holländer.



Die Schleusungen (insgesamt acht) klappten ganz gut, außer das einmal sein Boot alleine in der Schleuse schwamm und er oben auf der Mauer stand.
Ich dachte „jetzt bin ich ihn los“, aber vor der nächsten Schleuse war er wieder da, bevor ich darin verschwinden konnte.
Jetzt ist er weg, nach meiner Shoppingpause in Girancourt

.... ich kann wieder genießen und habe frische Luft, denn
in den Schleusen stank es wie in einer Garage, der
Motor desjenigen, dessen Namen man nicht ausspricht


Den ganzen Tag halte ich das mit dem Typen nicht aus, war mein Gedanke, als wir die Scheitelhalterung erreicht hatten (von nun an geht es also bergab, bis zum Rhein, dann noch ein bisschen bergauf vom Rhein nach Osten und dann ist die Ostsee erreicht – noch ziemlich weit, aber jeden Tag ein bisschen …) –also, wie werde ich den Holländer los?





Im Ort Girancourt (Wasserscheide zum Mittelmeer) ist gleich neben der Schleuse ein sehr guter Supermarkt, das weiß ich von der Hintour.


Ich beschließe dort kurz anzuhalten, einzukaufen (Wein, Milch, Brot, Käse, Äpfel) und dann weiter zu fahren, dem Holländer also eine halbe Stunde, etwa eine Schleuse, Vorsprung zugeben.



Schleusenselfie mit Schleusenfriese

An dieser Stelle ein kurzes Update zu meinem Alkoholkonsum: Ich bin auf den Geschmack gekommen, der Rosé, den es hier überall zu kaufen gibt ist wirklich lecker und wenn ich schon mal hier bin …
Also 3 Flaschen eingepackt, alle paar Tage gibt es Nachschub, immer aus der Region, wenn möglich.
Aber da ich ein Wein-Nicht-Kenner bin, schmecken mir alle Rosés irgendwie gleich – aber irgendwie auch alle gleich gut – also alles durchprobieren kann nicht schaden.

Schleusenhäuschen der netten Art

Eine von 14, nach gut 2 Stunden geschafft, die Treppe

Vielleicht entdecke ich ja doch noch einen Unterschied, wenn ich die Moselweine probiere – in ein paar Tagen.

Der Einkauf hat tatsächlich nur eine halbe Stunde gedauert, danach war das Schleusen eine Wonne – alleine – und es geht ab jetzt bergab – das geht leicht, kein Gerenne und kaum Kraftaufwand.
Nur aufpassen, dass das Boot parallel zur Mauer liegt.
Letzte Schleuse der Schleusentreppe von Golbey
und damit Vogesen adé




Eine Schleuse nach der anderen, zum Schluss die Schleusentreppe von Golbey, mit 15 Schleusen auf ungefähr 3 Kilometern, dauerte zweieinhalb Stunden.
Am Ende der Schleusentreppe (von oben gesehen) ist eine Zentrale der VNF,und gerade hier ist es am Schlimmsten. Auch auf der Hinfahrt war das schon so.
Die letzten beiden Schleusen „en panne“, Hilfe kam aber schnell, denn der Pausenraum der Schleusenwärter ist kaum 100 Meter entfernt.


Danach das flachste Stück der ganzen bisherigen Reise, mindestens 5 Aufsetzer, wieder direkt nach der Zentrale der VNF.
Ich bin heilfroh, wenn ich hier durch bin – das ständige Starren auf das Echolot geht mir „auf den Zeiger“.
Naja, morgen soll es regnen, vielleicht sorgt das für höheren Pegel.
Einer derschönsten Abende, noch dazu umsonst ...

Ansonsten ist das Wetter wieder hochsommerlich, im Moment (18:45 Uhr) noch 34 Grad.
Deshalb habe ich an meinem Liegeplatz für die Nacht (ein Kai ohne Versorgung beim Ort Chavelot, vor Schleuse 19, Usine de Thaon) statt in meinem Schweiß zu baden, ein erfrischendes Bad im Kanal genommen.


... allerding auch kein Strom, keinWasser, kein garnix

... aber toll, man kann baden, wenn man Mut hat (wie ich)

Stimmungsvoll
War gar nicht so schlecht, auch wenn das Wasser nicht gerade klar ist – eher schlammig trübe, aber die vielen Angler zeigen ja, dass es ökologisch in Ordnung ist – oder?

Und hier ist wieder ein Netz zu erreichen, so dass ich wenigstens Texte in den Blog hochladen kann.






Ach ja, meine Holländer habe ich übrigens nach der Schleusentreppe wieder eingeholt –und oh Glück, er hat sich als Übernachtungsplatz einen Anleger für Kiestransporter, 2 Schleusen hinter mir ausgesucht – den werde ich also Morgen nicht mehr am Hals haben – vorausgesetzt, alle Schleusen vor mir sind nicht „en panne“.





 
Abends, ein Glas Rosé in der Hand ...
  

Für die Statistiker, heute gut 20 Kilometer und 26 Schleusen  - Fahrtzeit 8 Stunden, minus eine halbe Stunde für´s Einkaufen.






... die Sonne versinkt ...

... traumhaft... gute Nacht