Freitag, 19. Juni 2015

Malle, 64. und 65. Tag



Am 18.6. wird morgens ein bisschen rumgetrödelt, ich habe viel Zeit, weil ich erst gegen 10:00 Uhr aufbrechen will, ich rechne für die 110 Meilen von Barcelona nach Mallorca mit einer Fahrtzeit von 24 Stunden, so in etwa 5 Knoten Durchschnitt, das müsste zu machen sein – wenn es zu lahm wird, muss der Diesel helfen.
Und ich fahre um 10:00 Uhr los, damit ich nicht mitten in der Nacht dort ankomme.
 
Barcelona verschwindet im Dunst




Der Wetterbericht ist gut, Wind schräg von hinten (NW), mein Kurs nach Andratx geht
ziemlich genau nach Süden.

 
Letzter Blick, von hier werde ich das so schnell nicht mehr sehen.


Die Familie macht sich Gedanken –ist ja auch eine weite Strecke, alleine – aber wird schon werden, wenn man erst einmal unterwegs ist, geht es einfach weiter.



 
Segelkumpel Gerrit aus der Seglervereinigung Flensburg hat wohl auch den Wetterbericht von wetteronline und deshalb den gewagten Vergleich mit der Nachtregatta „Lyö-Rundt“ gepostet – würde mich freuen, wenn er Recht behält.







Beim Auslaufen aus Barcelona weht fast gar kein Wind, erst etwa 3 Meilen vor dem Hafen kreuselt sich die Wasseroberfläche dunkel, Wind kommt auf – aber aus Süden.  Naja, angesagt war für Barcelona Südwind am Nachmittag, der kommt jetzt vielleicht etwas früher auf (Thermik) und wird dann weiter draußen auf NW drehen. Meine Prognose.

Außerdem macht mir das Kreuzen (so weit wie möglich gegen den Wind fahren) nichts aus, im Gegenteil, es macht sogar Spaß, weil die Kreuz eine der Stärken der Dehler 32 ist- neben den anderen Stärken: halber Wind, raumschots und vor dem Wind – grins.
 
Ziel: Dragomera

Wind kommt auf - von vorne.

Also weiter - und auf die Winddrehung gewartet, dass ich mein Ziel nicht genau anliegen kann, macht nichts, denn ich wollte sowieso einen leichten Bogen fahren, um nicht mitten durch die Verkehrswege der Barcelona – Palma Fähren zu fahren – wer weiß, ob die nachts gut aufpassen.






Trotzdem habe ich zur Beruhigung zwei Radarreflektoren hochgezogen – ob die was nützen?
Ich bin mir nicht sicher, aber man soll Nichts auslassen, was gut sein könnte.

Und auf die Winddrehung gewartet, und gewartet, aber sie kommt nicht – der Wind bleibt stur auf Südsüdwest – und nimmt kräftig zu. Ich wechsele meine Sitzposition auf die hohe Kante und steuere mit Vergnügen die höher werdenden Wellen aus.


Radarreflektor unter der Saling

Macht Spaß und ist einfacher, als in der Flensburger Außenförde, wo die erste und zweite Welle meistens gut genommen werden, um dann in die Dritte voll ´reinzudonnern.
Das passiert im Mittelmeer nicht so leicht, weil die Wellen etwas länger sind – etwas.

Nach ungefähr einer Stunde Vergnügen hat der Wind weder nachgelassen noch gedreht, vor mir liegen noch ungefähr 18 Stunden Fahrt und die Nacht –deshalb binde ich ein Reff ein, um mich und das Material zu schonen – wäre zu anstrengend – und um etwas gemütlicher zu segeln. 
1. Reff, steht auch gut.



Eigentlich soll man Reffen, wenn man das erste Mal daran denkt, bei mir war es das dritte Mal – auch noch  rechtzeitig, aber nicht zu früh, denn der Wind legt bis auf 6 – 7 Windstärken zu – und meine Hoffnung, dass mit der untergehenden Sonne auch der Wind nachlässt wird leider nicht erfüllt.




Wir ballern also buchstäblich in die Nacht hinein – eine große Hilfe bei Dunkelheit hoch am Wind zu steuern ist die kleine Funzel unter dem Windex, die ihn beleuchtet – so kann man prima, genau wie am Tag, erkennen, wo der Wind herkommt – und das ist und bleibt – von vorne.

 Die Nacht wird lang, die Selbststeuerung ist auch etwas überfordert und kann nur kurz eingesetzt werden.
 
Viel Verkehr, aber ich sehe davon fast Keinen.
Vitamine - gegen Skorbut auf langen Seereisen.

Aber der tolle Sternenhimmel entschädigt für Einiges und der Schiffsverkehr ist auch nicht schlimm, obwohl es auf dem AIS-Bild, das mir mein Ipad in die Seekarte liefert wie auf dem Münchener Stachus aussieht – viel Verkehr – aber keiner kommt näher als 4 Meilen heran.
Manche Beleuchtungen verwirren mich allerdings etwas, so zum Beispiel die blinkende rote Lampe auf einem Schiff (ohne AIS) in meiner Nähe.





Ich frage mich, ob er mir vielleicht etwas mitteilen will – über Funk kommt nichts – ob ich vielleicht auf eine Fischernetz zufahre oder so, keine Ahnung.
Ich fahre einen Bogen, das Blinklicht bleibt in der Nähe – Grund um nervös zu werden.
Irgendwann dreht er dann ab oder gibt Gas, jedenfalls verschwindet er am Horizont in der Dunkelheit, immer noch blinkend.




Es war wohl eine spezielle Ausfertigung seines Backbordlichtes (rot),  denn in der Ferne sehe ich, dass die grüne Seite auf blinkt – Sachen gibt’s.
 
 
Mallorcas Küste
Gegen 6:00 Uhr dämmert es dann vorsichtig und  gegen 7:00 Uhr geht die Sonne auf und beleuchtet die felsige Nordwestküste von Mallorca, einziger Hafen dort ist Soler – der wäre etwas näher als Andratx und ich könnte abfallen – aber neee, ich ziehe das jetzt durch.

Und endlich, endlich, dreht der Wind etwas nach rechts, so dass ich meine Kurs einfacher halten kann.




Ich habe unterwegs nicht einmal gewendet, obwohl – man weiß es – wenn man abfallen muss, soll man wenden – um den günstigeren Windwinkel auf der anderen Seite nutzen zu können.
Ich segle aber keine Regatta und mein Plan mit dem Pi..bogen, den ich um die Schifffahrtslinie segeln wollte, geht so letzten Endes auf.

Was isst man so in 24 Stunden ununterbrochenen Segelns, ohne sich in Ruhe zurückziehen zu können?
Vorbereitete Sachen: Bananen, Äpfel, Kirschen, Käsebaguettes, Kekse, dazu Kaffee aus der Thermoskanne und viel Wasser. Auf meine 5-Minuten-Terrine, die ich sonst gerne als Zwischenmahlzeit nehme, musste ich verzichten - zu unruhig.


 
Dragomera vom Weiten ...
 Als die Sonne aufgeht, sind es noch 20 Meilen bis zum Hafen –die werden lang, weil man das Ziel (die kurz davor liegende Insel Dragomera) schon seit Stunden sieht – zunächst als Leuchtfeuer, dann echt.
... und vom Nahen

Im Hafen von Andratx

Aber auch das geht vorbei und im Hafen von Andratx bekomme ich einen schönen Liegeplatz
am Schwimmsteg, Heck zum Steg – alles gut. 
Die unfreundlichen Russen mit dem großen Charterschiff neben mir legen zum Glück gleich ab, inzwischen liegen zwei Deutsche neben mir, mit einem tollen Schiff, einer Pogo 40.






Der Hafen ist luxuriös, nicht nur, was die Boote angeht, die hier liegen – im Liegegeld ist die Nutzung des Hotelswimmingpools enthalten – nutze ich auch gleich – ganz allein, 20 Bahnen, mache ich morgen gleich wieder.
 
Am Pool - all inclusive


Alles andere, Strom, Wasser, Internet, alle möglichen Serviceeinrichtungen, Restaurants sind sowieso dabei.
Der Preis?
47 Euro – naja – die heutige Nacht habe ich mir ja für lau um die Ohren geschlagen – außerdem, das ist hier eben so.






Mal Essen gehen?

Das Kleinste, aber nicht das Schlechteste

Der Name ist Programm

Blick vom Platz nach hinten - alles frei.



Claudia Schiffer soll hier übrigens ein ganzer Berg (mit Haus ´drauf) gehören - Geschmack hat sie.










Morgen werde ich hierbleiben, den Luxus genießen und dann übermorgen entweder ankern (ist aber zur Zeit ungünstig, weil immer Südwind angesagt ist und alle Buchten in der Nähe nach Süden offen sind) oder ich fahre direkt nach Palma und schwelge dort weiter im Luxus – für mich heißt das schon Café con Leche auf einer Plaza.


Ich werde die besten Plätze erkunden, und dann mit Andrea und später Jürgen noch einmal  besuchen – Andratx wird auf jeden Fall dabei sein.