Mittwoch, 13. Mai 2015

Zuerst die Gute - oder zuerst die Schlechte?, 28. Tag



Heute (13.5.) ist soviel passiert, eigentlich unerwartet. Man stellt sich doch eher vor, dass Carsten und ich den ganzen Tag auf dem Boot ´rumsitzen, bisschen aufpassen, wo der Kanal lang läuft – und ansonsten überlegen, was man als Nächstes isst oder trinkt.
So ist es aber nicht, so ist es vielleicht beim Segeln auf dem Meer, wo eine ganze Weile Nichts passiert, wo keine Untiefen sind, keine Kurve, keine Schleusen, keine Ortschaften, kein Treibholz und ich weiß nicht was noch „kein“ – denn ich glaube nicht, dass ich alles schon mal erlebt habe, was so passieren kann.


Morgennebel in Revin
Aber der Reihe nach, nach dem Ablegen vom parkähnlich gepflegten Anleger von Revin, mit der netten Hafenmeisterin mit dem französischen Wortschwall, galt es erst mal, den fiesen Stein von gestern zu umschiffen – das ist uns gelungen, mit Herzklopfen zwar, aber hat geklappt.

Wir dachten, das reicht eigentlich als Aufregung für heute – weit gefehlt.

Zuerst die guten Geschehnisse oder erst die Schlechten – na gut, fangen wir mit den Guten an.
Wetter fantastisch, nach dem wunderschönen Morgennebel auf dem Fluss, beim Frühstück, brannte die Sonne die restlichen Schwaden weg und wir führen bei angenehmen 20 – 25 Grad weiter gen Süden.

Zur Steigerung der Spannung streue ich mal ein paar Bilder von unterwegs ein: 

Schönes Wetter - schöne Bäume - schöne Berge
Im Märchenwald - per Boot
Ein Pont, aber nich dÀvignon - der kommt noch.
Verwunschene Landschaft.

Da dudelt einer am Ufer auf seinem Sack.

Gut war auch der zweite Kaffee, die Kekse (also doch essen, trinken und faulenzen) – nööö, denn die nächste Untiefe wartete schon auf uns, allerdings nur ein leichtes Abbremsen und Geschlurfe über einen Matschbuckel – aber trotzdem, bei 1,50 Meter Tiefgang! Mit mehr würde ich hier nie durchfahren.

Jetzt (abgesehen davon, dass der ganze Tag eigentlich gut war) sind wir mit dem Guten schon fertig. Denn n der 3 Schleuse (von 9 Schleusen heute) kam von hinten ein Urlauberboot (Form: Ponton mit Wohnaufbau - hässlich aber ganz praktisch im Kanal) auf, mit schäumender Bugwelle und zwängte sich hinter uns in die kleine Schleuse. Schleusenkino!
Nur ein Festmacher, nicht in der Bootsmitte, Ergebnis, diagonal in der Schleuse, machte den beiden aber anscheinend nicht viel aus. Außer erfolglosem Leinengezerre und angestrengten Gesichtern, war nicht viel zu bemerken.
Wir beschlossen, den „Chaoten“ in der nächsten Schleuse den Vortritt zulassen und lieber alleine zu schleusen –man weiß ja nie …
Klappte auch, aber in der übernächsten waren wir wieder ´dran, an „le Cheval Bayard“, sie hatten auf einen Talfahrer warten müssen. Diesmal lagen sie vor uns, eine Leine, diesmal am Heck, dasselbe Theater, OmG.
Nächste Schleuse, wir wieder alleine, weil wir sie in der Mittagspause überholt hatten. So dachten wir.
Wir kommen zur Schleuse, drücken die Fernbedienung, rot-grün geht an, alles gut. Dann, rot-rot, gar nicht gut, denn das bedeutet „Schleuse außer Betrieb“.
Ratlosigkeit, nochmal drücken, wieder dasselbe.
Also mit dem Handy die VNF (Kanalverwaltung) anrufen und die Störung melden, damit es weitergehen kann. In meiner Verwirrtheit, habe ich die falsche Schleuse angegeben – man kommt ja auch kaum nach mit dem Schleusen-Zählen! Aber die Dame von der VNF fragte nach dem Bootsnamen, verabschiedete sich – und 30 Minuten später fuhr ein Lieferwagen mit der Aufschrift „Plongeur“ zur Schleuse, 2 Taucher stiegen aus und fingen an irgendetwas zu regeln.
Diese schnelle Reaktion der VNF gehört natürlich unter die Rubrik des „Guten“, aber ich will ja auch der Reihe nach erzählen.
Während der Wartezeit drehten wir langsame Kreise vor der Schleuse – Anleger gab es nicht – und siehe da, hatten 2 weitere Grundberührungen. Wegen des geringen Tempos halb so wild, aber das gibt doch zu denken und schärft die Aufmerksamkeit (immer auf´s Echolot gucken!) – und vertreibt auf einen Art eventuell aufkommende Selbstsicherheit, auf die ich verzichten könnte.





 
2 rote Lampen - pas bon!

Nach etwa einer ¾ Stunde Wartezeit ging das grüne Licht an, wir führen in die Schleuse und sahen bei einem Blick über die Schulter „le Cheval Bayard“ mit Schaum vor dem Bug auf die Schleuse zu jagen – wieder die!









Der negative Höhepunkt des Tages kam dann, als die Schleuse oben angekommen war und die Tore öffnete, wir lagen vorne, Cheval hinter uns (klar, diagonal) –wir hatten die Leinen gerade los, als die „Idiotas“, wie ich sie anschrie, mit Vollgas auf unser Heck zurasten – zum Glück nur eine leichte Berührung, wegen der Kundschaft, die diese Boote mietet, sind sie rundherum gut gepolstert.
Aber trotzdem, wo gibt´s denn sowas!!!
Vas t' en - hau bloß ab!!!!



Stinksauer haben wir die Franzosen noch eine Weile beschimpf, noch lieber wäre ich mit dem Boothaken auf sie losgegangen – bis sie uns dann mit Vollgas wieder überholten.
Sie winkten (peinlich berührt?), wir winkten nicht und straften sie mit eiskalter Nichtachtung.



 
Soweit der abwechslungsreiche 28. Tag meiner Reise – immer was Neues – auf Manches könnte ich verzichten.
Ein Liegeplatz, wo eigentlich keiner ist, lange Leinen!
Nachwort, wir haben die beiden wieder überholt, haben jetzt 2 Schleusen Vorsprung und hoffen, dass wir sie nie wieder sehen – schon gar nicht morgen.


Wir haben heute Nacht den verrücktesten Liegeplatz ever, direkt vor der Schleuse, an einem Festmacher für die Großen, mit 2 Springs und 2 Landleinen, wild romantisch,ein Kuckuck ruf kuckkuck ... – zählt auch wieder zum Guten.

 
Ein Tag – ja, ein Tag, wie er eigentlich sein soll – Hochs und Tiefs, am Ende alles gut.