Mittwoch, 26. August 2015

Mögen tat er schon wollen, aber dürfen hat er sich nicht getraut …134. Tag




So oder so ähnlich war meine Gefühlslage morgens um 4:00 Uhr im Hafen von Großenbrode.
Gerade  wach geworden von einer Sturmböe und einem einhergehenden Platzregen, regten sich doch ein paar Zweifel an meinem Plan, heute (26.8.) los zu segeln, die Kieler Bucht von Fehmarn bis Angeln  zu überqueren und in Maasholm festzumachen – immerhin 52 Seemeilen.

Soll ich, soll ich nicht, aber wenn … oder doch … - kurz gesagt, so richtig zur Ruhe bin ich nicht mehr gekommen – immer auf den Wind lauschen und sich im Stockdunklen vorstellen, was passiert wenn …  wer kann da schon ruhig wieder einschlafen.
Um 5:30 Uhr habe ich dem Generve ein Ende gemacht und bin aufgestanden – erstmal ´nen Koff –und dazu nochmal alle verfügbaren Wetterbericht im Internet angesehen.

Eigentlich keine Veränderung zu gestern, um Fehmarn Wind aus südlichen Richtungen, 4 – 5 Beaufort, nachmittags abnehmend.
Am Zielort Maasholm, 5 Beaufort aus Südwest, später auf Süd drehend, den ganzen Tag Schauerböen mit 7 Beaufort (das schöne Windfähnchen bei wetteronline mag´ ich gar nicht, in diesem Zusammenhang) abends sollen die Böen am stärksten sein.
 
Wenig Zeit zum Fotografieren - zu nass, zu schaukelig - und das Einhorn schafft es nicht lange
… und morgen – dasselbe, nur dass noch Regen –und nicht zu knapp - dazu kommen soll.
Wellenhöhe, bis zur Fehmarnsund Brücke sehr gut zum Surfen – mit Surfbrett – danach eine Weile Landschutz und dann wieder Wellen aus der Kieler Förde.
Die Wellen machen aber nicht viel aus, der Mast steht ja und schaukelt bei Seegang nicht auf seinem Gestell hin und her – außerdem soll der Wind ja in etwa von hinten kommen…

So viele Informationen, und das im Morgengrauen, das gerade durch einen weiteren Platzregen mit kräftiger Böe verdunkelt wird.
Der bordeigene Großrechner versucht alle Inputs zu verarbeiten und bietet als Output, nach eingehender Analyse an: „Scheiß ´drauf, früh los - und dann sehen was kommt.“

Der Wind wird morgen nicht besser und Regen dazu ist auch blöd und je später der Tag, desto stärker die Böen.

Um 6:30 Uhr sind also die Leinen los und wir brettern, nur unter Großsegel, bei fast achterlichem Wind auf die Brücke der Vogelfluglinie zu, 7 – 8 Knoten.
Als es diese Vogelfluglinien Brücke noch nicht gab, habe ich mit meinen Eltern und Bruderherz auf Fehmarn meinen ersten Ostseeurlaub verbracht – übergesetzt mit der Fähre.
Diese Erinnerungen kommen mir in den Sinn, als ich unter der Brücke am alten Fährhafen vorbeifahre, wie erwartet bei jetzt in der Abdeckung ruhigem Wasser, aber reichlich Wind.
Damals gab es noch keine Brücke, jetzt soll sie wieder weg, weil sie einem Neubau weichen soll. Sie ist für den Anschluss an die Beltquerung zwischen Puttgarden und Dänemark zueng.
Ich gucke sie mit noch einmal genau an – schickes Teil – schade ´drum.
 
Die Fehmarnsundbrücke - Vogelfluglinie - nicht mehr zeitgemäß aber schick
Nach der Brücke muss ich einen Bogen schlagen, erst eher nördlich segeln, um dann auf Westkurs gehen zu können. Im Weg liegt das Zielgebiet des Übungsplatzes Todendorf.
Dort wird heute scharf geschossen – ist auch Einiges im Funkverkehr zu hören, weil Segler dem Sperrgebiet zu nahe kommen „Marineradio ruft die Yacht … gehen Sie auf Kanal 11!“

Ich sehe keine Einschläge und werde auch nicht beschossen – wahrscheinlich, weil ich so schnell bin.

Nachdem das Sperrgebiet außen herum passiert ist, kommt die nächste Schwierigkeit, ich muss den Kiel-Ostsee-Weg zwischen Kiel und dem Fehmarnbelt queren und ausgerechnet heute kommen dort die Frachter wie an der Schnur aufgereiht an.
Ich finde aber eine Lücke und segle hindurch, inzwischen habe ich auch die Fock gesetzt, weil der Wind leider nicht (noch nicht?) auf Süd gedreht hat und ich höher an den Wind gehen muss.

Das Segeln macht tierisch Spaß, zuletzt bin ich im Löwengolf, vor mehr als einem Monat so gesegelt- nur, dass ich da kurze Hosen und keine lange Unterhose anhatte – heute ist das nötig und wenn ich mal eine Welle falsch erwische, gibt´s eine gratis Salzwasserdusche.

Das Maststellen hat sich also gelohnt, obwohl es mit 130.-- € (Preis der Klemenswerft) nicht gerade billig war. Dafür hätte ich mehr als hundert Liter Diesel bekommen, das hätte von Flensburg bis Maastricht gereicht – aber, aber- so kann man doch nicht rechnen!
Nööö, stimmt, es hat sich gelohnt.



Mit liegendem Mast wäre ich hier verzweifelt, wenn ich überhaupt losgefahren wäre (wahrscheinlich nicht) – denn der Mast (liegend) arbeitet bei hohen Wellen doch ziemlich. Und die Wellen sind in der Nähe des Schifffahrtsweges ziemlich kabbelig, weil die normalen Wellen durch die Wellen der vielen Frachter durcheinandergebracht werden
 
Piraten? Schnell weg!
Mein Kurs auf Maasholm ist 290 Grad, passt nicht – maximal 310 Grad sind ´drin.
Die Software des angeschlossenen Bordcomputers schlägt als alternatives Ziel Sonderburg vor – darauf laufen wir gerade zu.
Die angeschlossene Hardware zeigt der Software einen Vogel und will erst einmal weiter segeln, und auf den Linksdreher warten. „Bei Regatten kommt der nie“, meint die Software schmollend und geht in den Stand-by-Modus.



Und kaum eine halbe Stunde später ist er da – wetteronline hat wieder einmal richtig gelegen mit der Vorhersage einer Süddrehung – wir segeln ab sofort bei bestem Segelwind direkt auf die Schleimündung zu – ständig 6 – 7 Knoten. Die Wellen sind nach dem Kiel-Ostsee Weg gut zu fahren – und so ist es fast schade, dass die typische Baumgruppe vor der Schlei in Sicht kommt und wir gegen halb vier Uhr die „Giftbude“ passieren.

… Bei fast Flaute, von den Böen mit 7 Windstärken war hier Nichts zu merken – kleiner Fehler in der Vorhersage – ich bin nicht böse darüber.

Zwei Tage werde ich in Maasholm bleiben, Familienbesuch kommt und der angesagte Regen wird im Hafen “abgewettert“, denn ich habe keine Lust, bei „Schietwetter“ in Flensburg anzukommen.
Samstag ist die Prognose gut – genau so mook wii dat – Software und Hardware sind wieder im Einklang.