So oder so
ähnlich war meine Gefühlslage morgens um 4:00 Uhr im Hafen von Großenbrode.
Gerade wach geworden von einer Sturmböe und einem einhergehenden
Platzregen, regten sich doch ein paar Zweifel an meinem Plan, heute (26.8.) los
zu segeln, die Kieler Bucht von Fehmarn bis Angeln zu überqueren und in Maasholm festzumachen –
immerhin 52 Seemeilen.
Soll ich, soll
ich nicht, aber wenn … oder doch … - kurz gesagt, so richtig zur Ruhe bin ich
nicht mehr gekommen – immer auf den Wind lauschen und sich im Stockdunklen
vorstellen, was passiert wenn … wer kann
da schon ruhig wieder einschlafen.
Um 5:30 Uhr habe
ich dem Generve ein Ende gemacht und bin aufgestanden – erstmal ´nen Koff –und dazu
nochmal alle verfügbaren Wetterbericht im Internet angesehen.
Eigentlich keine
Veränderung zu gestern, um Fehmarn Wind aus südlichen Richtungen, 4 – 5 Beaufort,
nachmittags abnehmend.
Am Zielort
Maasholm, 5 Beaufort aus Südwest, später auf Süd drehend, den ganzen Tag Schauerböen
mit 7 Beaufort (das schöne Windfähnchen bei wetteronline mag´ ich gar nicht, in
diesem Zusammenhang) abends sollen die Böen am stärksten sein.
… und morgen –
dasselbe, nur dass noch Regen –und nicht zu knapp - dazu kommen soll.
Wellenhöhe, bis
zur Fehmarnsund Brücke sehr gut zum Surfen – mit Surfbrett – danach eine Weile
Landschutz und dann wieder Wellen aus der Kieler Förde.
Die Wellen machen
aber nicht viel aus, der Mast steht ja und schaukelt bei Seegang nicht auf
seinem Gestell hin und her – außerdem soll der Wind ja in etwa von hinten kommen…
So viele Informationen,
und das im Morgengrauen, das gerade durch einen weiteren Platzregen mit kräftiger
Böe verdunkelt wird.
Der bordeigene
Großrechner versucht alle Inputs zu verarbeiten und bietet als Output, nach
eingehender Analyse an: „Scheiß ´drauf, früh los - und dann sehen was kommt.“
Der Wind wird
morgen nicht besser und Regen dazu ist auch blöd und je später der Tag, desto
stärker die Böen.
Um 6:30 Uhr sind also
die Leinen los und wir brettern, nur unter Großsegel, bei fast achterlichem
Wind auf die Brücke der Vogelfluglinie zu, 7 – 8 Knoten.
Als es diese
Vogelfluglinien Brücke noch nicht gab, habe ich mit meinen Eltern und
Bruderherz auf Fehmarn meinen ersten Ostseeurlaub verbracht – übergesetzt mit
der Fähre.
Diese
Erinnerungen kommen mir in den Sinn, als ich unter der Brücke am alten
Fährhafen vorbeifahre, wie erwartet bei jetzt in der Abdeckung ruhigem Wasser,
aber reichlich Wind.
Damals gab es
noch keine Brücke, jetzt soll sie wieder weg, weil sie einem Neubau weichen
soll. Sie ist für den Anschluss an die Beltquerung zwischen Puttgarden und
Dänemark zueng.
Ich gucke sie mit
noch einmal genau an – schickes Teil – schade ´drum.
Nach der Brücke
muss ich einen Bogen schlagen, erst eher nördlich segeln, um dann auf Westkurs
gehen zu können. Im Weg liegt das Zielgebiet des Übungsplatzes Todendorf.
Dort wird heute scharf
geschossen – ist auch Einiges im Funkverkehr zu hören, weil Segler dem
Sperrgebiet zu nahe kommen „Marineradio ruft die Yacht … gehen Sie auf Kanal
11!“
Ich sehe keine Einschläge
und werde auch nicht beschossen – wahrscheinlich, weil ich so schnell bin.
Nachdem das
Sperrgebiet außen herum passiert ist, kommt die nächste Schwierigkeit, ich muss
den Kiel-Ostsee-Weg zwischen Kiel und dem Fehmarnbelt queren und ausgerechnet
heute kommen dort die Frachter wie an der Schnur aufgereiht an.
Ich finde aber
eine Lücke und segle hindurch, inzwischen habe ich auch die Fock gesetzt, weil
der Wind leider nicht (noch nicht?) auf Süd gedreht hat und ich höher an den Wind
gehen muss.
Das Segeln macht
tierisch Spaß, zuletzt bin ich im Löwengolf, vor mehr als einem Monat so gesegelt-
nur, dass ich da kurze Hosen und keine lange Unterhose anhatte – heute ist das nötig
und wenn ich mal eine Welle falsch erwische, gibt´s eine gratis
Salzwasserdusche.
Das Maststellen hat
sich also gelohnt, obwohl es mit 130.-- € (Preis der Klemenswerft) nicht gerade
billig war. Dafür hätte ich mehr als hundert Liter Diesel bekommen, das hätte
von Flensburg bis Maastricht gereicht – aber, aber- so kann man doch nicht
rechnen!
Nööö, stimmt, es
hat sich gelohnt.
Mit liegendem
Mast wäre ich hier verzweifelt, wenn ich überhaupt losgefahren wäre
(wahrscheinlich nicht) – denn der Mast (liegend) arbeitet bei hohen Wellen doch
ziemlich. Und die Wellen sind in der Nähe des Schifffahrtsweges ziemlich
kabbelig, weil die normalen Wellen durch die Wellen der vielen Frachter
durcheinandergebracht werden
Mein Kurs auf
Maasholm ist 290 Grad, passt nicht – maximal 310 Grad sind ´drin.
Die Software des
angeschlossenen Bordcomputers schlägt als alternatives Ziel Sonderburg vor –
darauf laufen wir gerade zu.
Die
angeschlossene Hardware zeigt der Software einen Vogel und will erst einmal
weiter segeln, und auf den Linksdreher warten. „Bei Regatten kommt der nie“,
meint die Software schmollend und geht in den Stand-by-Modus.
Und kaum eine
halbe Stunde später ist er da – wetteronline hat wieder einmal richtig gelegen
mit der Vorhersage einer Süddrehung – wir segeln ab sofort bei bestem Segelwind
direkt auf die Schleimündung zu – ständig 6 – 7 Knoten. Die Wellen sind nach
dem Kiel-Ostsee Weg gut zu fahren – und so ist es fast schade, dass die
typische Baumgruppe vor der Schlei in Sicht kommt und wir gegen halb vier Uhr
die „Giftbude“ passieren.
… Bei fast
Flaute, von den Böen mit 7 Windstärken war hier Nichts zu merken – kleiner Fehler
in der Vorhersage – ich bin nicht böse darüber.
Zwei Tage werde
ich in Maasholm bleiben, Familienbesuch kommt und der angesagte Regen wird im
Hafen “abgewettert“, denn ich habe keine Lust, bei „Schietwetter“ in Flensburg anzukommen.
Samstag ist die
Prognose gut – genau so mook wii dat – Software und Hardware sind wieder im
Einklang.
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