Dienstag, 21. April 2015

Abschiede, Fahrstühle, von Menschen, vom Putzen, vom Funken und von Kanälen und Sonnenbrillen, 6. Tag.



Lauenburg ist schön,hier die Unterstadt
Heute bin ich den 6. Tag unterwegs (21.4.15) und der erste Abschied ist fällig. Abschied von Schleswig-Holstein und vom Elbe-Lübeck Kanal. Auch Lauenburg lädt eigentlich ein bisschen zum Verweilen ein, der Yachthafen ist nett, liebevoll dekoriert und einfach „hygellig“.
Aber ich habe mir vorgenommen, Pausen und Sightseeing-Aufenthalte erst in Frankreich einzustreuen, dort ist es wärmer (obwohl ich seit drei Tagen überhaupt nicht mehr klagen kann) und es ist eben Ausland, wie Christian ganz richtig sagt.


Die Elbe, von der Oberstadt aus gesehen
Beides verbindet der Himmelsweg: Umtaufen in Höllenweg? So steil!






Ich bin also um 7:00 ausgelaufen, die Elbe
etwa 1 Seemeile abwärts (eigentlich müsste ich mich im Binnenland an die Kilometerangaben gewöhnen – aber meine Logge bleibt auf Knoten und Seemeilen eingestellt, so!), also Schiebestrom, Fahrt über Grund 7,3 kn, hau ´rein.


So kann man die Elbe auch überqueren




Vorbei an der "Unterstadt"

Elbe stromaufwärts

Dann links ab in den Elbe-Seitenkanal und sofort nur noch mit ungefähr 5 kn. Überhaupt, für die Maschineninteressierten, ich fahre immer so um 5 kn, bei 1800 U/min, das ist eine prima Geschwindigkeit, weil die Frachter oft auch nicht schneller sind  (heute hat mich z.B. keiner überholt, doch dazu später – ich aber auch keinen), so bin ich heute einem polnischen Frachter mindestens 3 Stunden hinterher gefahren, zum Überholen reicht‘s nicht.
Höchstgeschwindigkeit im Kanal 12 km/h, Mindestgeschwindigkeit 3km/h, passt also.
Die Elbe fasziniert


 Schon um 8:30 war ich dann am Schiffshebewerk Lüneburg – der große Fahrstuhl, der uns (Allegro, Tiger – hat den schon jemand entdeckt? - und mich) 38 Meter nach oben befördern soll.




Schon im Elbeseitenkanal, das ging flott.

Poolposition ander Spundwand, hinter mir AGT01
Ich melde mich vorschriftsmäßig per Funk an, werde auf eine Warteposition verwiesen, doch dann die gute Nachricht von der Schleusenkontrolle, UKW-Kanal 64: „Sportboot Allegro fährt als 2. ein, direkt hinter AGT01“, (das ist der polnische Frachter).

Die Vorder-Achtern-Universal-Spring
Ich also los, fest gemacht in Poolposition und abgewartet und abgewartet und Kaffee getrunken und abgewartet und noch `n Kaffee und Handbuch studiert und fotografiert und gefilmt – das dauert aber auch… Die Erklärung (kam auch per Funk), oben und unten sind












Taucher imWasser, die irgendwelchen Müll aus der zur Zeit einzig verfügbaren Kammer
... und weg is er.
fischen müssen – und das dauert eben. Um 11:00 dann beide Ampeln auf Grün und los geht’s, und was soll ich sagen, um 11:45 war ich oben, zwischendurch haben die Taucher noch Müll vom „Fahrstuhltor“ gesammelt (unter Wasser natürlich).
Ipad weiß immer wo ich bin ...

Los geht's

Hinterher !
Drin !

Da sollen wir (Allegro,Tiger und ich) 'rauf!

Technik, die Vertrauen schafft.

Blick zurück nach unten ...

Über Funk habe ich dann erfahren, dass der nächste Fahrstuhl erst um 19:00 nach oben geht, weil auch noch gebaggert werden musste (was war denn das für’ n Müll?) – vielleicht hat mich deshalb keiner überholt, die sind immer noch da, jetzt um 18:45, wo ich frisch geduscht im Yachthafen von Uelzen sitze und die Tastatur bearbeite. Richtig Glück gehabt!

... und wieder 'raus, 38 Meter höher, Kinderspiel ... tolle Technik.
Ab nun geht es etwa 40 km – sm? – bis zum geplanten Stopp in Uelzen, ich habe Zeit darüber nachzudenken, welche Menschen ich bisher getroffen habe, die etwas Besonderes waren. Leider gibt es keine Fotos von den Leuten, entweder sie wollten nicht, oder ich habe mich nicht getraut.

Da war der nette Schleusenwärter in Berkenthin – den ich schon erwähnt habe – der sich die Zeit zu einem kleine Klön-schnack genommen hat, während Allegro und ich nach  oben gehoben wurden, ein paar gute Tipps zum Abschied, netter Mensch.
Da ist der Motorbootsbesitzer in Uelzen, der fragt „woher – wohin“ und auf meine Antwort nur entgegnet „in der Ostsee ist die Saison ja zu kurz“ – also was denn?, ich bin weiter gegangen, fast hätte ich gesagt „besser kurz als flach“, denn der Hafen hier ist grenzwertig von der Wassertiefe, besonders wenn die Frachter vorbeifahren und das bisschen Wasser auch noch absaugen. Aber sonst ist es ein netter Hafen, hygellig – bis auf den.
Da sind die beiden netten Damen von der Jugendherberge in Lauenburg, wo ich ins Internet durfte, schon erzählt, aber schön daran zu denken.
Da sind die drei Motorbootfahrer in Lübeck, der eine muffelig und maulfaul, als ich nach der Tiefe frage, der andere nett und hilfsbereit – aber leider auch nicht in der Lage, die Trave kurzfristig für mich auszubaggern – und der Dritte an der Brücke vom Ex-Hansahafen, der nur „auf Senden“ gestellt war und Fragen nur ansatzweise beantworten konnte.
Da ist der coole Typ von Maxim-Promotion in Lauenburg, bei dem ich meinen neuen Vodafone-Internet-immer-wann-ich-will-Stick gekauft habe (weil mein Optimismus bezüglich der WLAN-Abdeckung unterwegs wohl zu groß war). Der war wirklich besonders: Ich komme in den Laden, ein Pitbull kommt auf mich zu (ja ein Hund), ich frage „tut der was“, „Nööö“, und wirklich, er schnuppert nur und wedelt mit dem Schwanz, ein lieber Wauwau. Der Nööö-Typ hinter dem Computer auf der Theke ist echt cool, würden meine Jungs sagen. Über und über tätoviert, ich traute mich nicht so recht zu lesen, welcher Spruch auf dem Hals tätoviert war, wollte nicht aufdringlich erscheinen. Oberarme, wie andere Leute Oberschenkel (meine sind etwas dicker), braungebrannt, schätzungsweise 190 groß und total durchtrainiert. Und nett und hilfsbereit. Er hat mir die gewünschte Simkarte mit USB-Stick verkauft, mich gut beraten, mich angemeldet bei Vodafone, zwischendurch mit Leuten vom Netzwerkservice geredt, die seinen Computer wiederbeleben wollten, mit Vodafone telefoniert und die Sachbearbeiterin zur Eile (in meiner Sache) angerieben – anscheinend kannte er sie, den „sie ist blond“und nebenbei noch einem Ausländer (Türke, Engländer, ich weiß nicht) auf Englisch erklärt, dass das Samsung Galaxay xx so viel kostet, das Neuere so viel und morgen da sein würde und und und. Echt multitasking-fähig dieser Mann – danke – leider traute ich mich nicht zu fragen, ob ich ihn fotografieren dürfte. Der Mann war einfach gut- und ist im Mai auf Mallorca – zu früh für mich, das werde ich nicht schaffen.

Da guckst Du, die Sonne brennt.
Hey, Andrea ! Grüße nach Hause!



Doch auch abwechselungsreich dieser ESK.
Fender immer draußen, sieht ja Keiner.
HUNDERT , Jooo Mann! Man weiß immer, wo man ist, Kilometerangaben, Logge eingentlich überflüssig
.
















Ich habe also den ganzen Tag wenig zu tun, bin aber immer beschäftigt, mache dies und das, eine  tolle Zeit. Was mich unterwegs ein wenig störte, war der Dreck an Deck von Allegro, Matschbrocken oder so was, noch von der Donnerschleuse - und was sich sonst so ansammelt.

Meister Propper wäre neidisch.
In Yachthäfen an der Ostsee spült man gelegentlich das Schiff mit dem Schlauch auf den Brücken ab – nur hier sind (noch?) keine Schläuche auf den Stegen – ein Problem ... bis ich auf die Lösung kam (peinlich, wie lange das gedauert hat) – ich bin im Süßwasser unterwegs, also im Kanal die Selbststeuerung an, Pütz ins Wasser und abgespült – Cockpit und Deck erstrahlen im gewohnten Glanz. Dass ich darauf nicht früher gekommen bin…

Ein Funkgerät ist übrigens im Prinzip in den Kanälen sehr gut zu gebrauchen – empfehlenswert eines mit ATIS an Bord zu haben (ich habe dazu gelernt).
Heute habe ich an einer engeren Stelle vorschriftsmäßig über den UKW-Kanal 10 den Funkspruch abgelassen: „Sportboot Allegro meldet sich an, Bad Bevensen zu passieren, auf Bergfahrt, 10 Meter mal 3 Meter, Over“. Keine Antwort, keine Entgegen-Kommer (Talfahrer hätten Vorfahrt), auch keine Engstelle, kein Garnichts – wozu die Vorschrift? Ein Rätsel – aber stand im Handbuch –und ich bin Beamter, da muss man schon auf solche Dinge achten –oder?

Heute hat die Sonne mich wieder verwöhnt – morgen soll es anders sein, mal sehen – aber bisher super Wetter. Natürlich trägt Segler eine Sonnenbrille, bei mir ist es eine geschliffene Brille, Gleitsicht. Das ist auch sehr empfehlenswert, denn der ständige Wechsel zwischen Horizont, nächster Brücke oder Schleuse, Handbuch, Funkgerät, Kaffeepulver einfüllen, Handy bedienen (besonders wichtig, wegen Whatsapp mit der Familie, auch unterwegs), all das fordert Einiges von den Augen und in meinem Alter brauchen sie etwas Hilfe. Also Gleitsicht – der Nachteil, die Brille ist nicht so gebogen, wie die coolen Brillen von Oakley und anderen, schützen also nicht vor dem Wind. 
In den ersten windigen Tagen habe ich wohl mit meiner Gleitsichtsonnenbrille zu viel Wind gefangen, ich hatte den Eindruck, manchmal wurde der Wind direkt in die Tränendrüse geleitet.
Ergebnis, leichtes Jucken, Rötung.
Die passende Medizin fürjeden Zweck.

Ich also in Lauenburg zur Apotheke, (auch sehr nett, hätte eigentlich oben noch dazu gehört in die Rubrik „positive Begegnung“)und Augentropfen geholt – wehret den Anfängen. Nach drei mal Tropfen ist alles ok, heute noch eine Ampulle zur Sicherheit.












Hafen von Uelzen, Motorboote und Camper - no offense!

30 - 40 cm hoch und runter, je nach Frachterpassage.

Da fahren sie vorbei - aber schöner Abendblick.


Morgen will ich diesen „Heide-Suez-Kanal“ verlassen, wird eine längere Fahrt, denn alle Häfen sind zu flach und ich will hier ´raus. Also versuche ich, den ersten Hafen im Mittellandkanal zu erreichen, hoffe, es klappt.
Freue mich auf Morgen.