Samstag, 16. Mai 2015

Viele Schleusen, Carsten’s letzter Tag und k e i n e besonderen Vorkommnisse, 31. Tag



Morgens (16.5.) klingelt wie seit Tagen der Wecker pünktlich um 7:15 Uhr, dann bleibt noch genug Zeit um die erste Schleuse direkt zur Startzeit des Schleusendienstes um 9:00 Uhr zu erreichen.
Der Abend gestern verlief überraschend „exquisit“, wir haben im eigentlich etwas lahmen Dun ein Restaurant gefunden, alles Plätze belegt, ohne Reservierung „pas possible“.

Sie haben aber nicht mit der Widerstandsfähigkeit von wettergegerbten Nordlichtern gerechnet, im Wintergarten war noch Platz, dort haben wir es uns schmecken lassen – und es war super lecker – gegessen, wie „Gott in Frankreich“. Jetzt kann ich diesen Spruch nachvollziehen – und nicht teuer.
Naturliebhaber ...
... und die passende Natur dazu.


Heute stehen also 9 Schleusen auf dem Programm, die erste in Sichtweite vom Liegeplatz, noch mit Fernbedienung, alle folgenden dann mit Handbetrieb.
Carsten kurbelt den weg frei - berühmter Werbespruch, oder?
Bis Verdun sind es ungefähr 40 Kilometer, dazu neun Schleusen, nach den bisherigen Erfahrungen könnte das wieder ein ehrgeiziges Ziel sein.




Aber alles beginnt sehr geschmeidig.
Der Schleusenwärter sieht uns um die Ecke biegen, fängt an zu kurbeln und wir fahren in die geöffnete Schleuse hinein, geben die Vor- und die Achterleine nach oben – und schon geht’s los.

Die Schleusentechnik ist etwas anders mit Vor- und Achterleine, aber eigentlich sicherer und alleine auch gut zu handhaben – wenn jemand oben die Leinen annimmt. Sonst müsste man erst an einer Treppe (in den mechanischen Schleusen sehr rar) festmachen, mit den Leinen hochklettern, beide um einen Poller vorne und einen hinten legen, wieder ´runter, Leinen durchsetzen, Leine von Treppe weg – alles fertig? Dann kann’s los gehen.
Hört sich kompliziert an, ist aber eigentlich einfach – nur anstrengend – aber der Schleusenwärter ist ja zum Glück immer da.

Der Schleusungsvorgang dann so: Entweder beide Leinen in je einer Hand, die Vorleine über die Winsch im Cockpit und dann das Boot mit den Leinen vom Cockpit aus gerade halten – geht.



C ar s t e n, gib´ alles!


Wenn genug Platz nach hinten ist, kann die Vorleine auchauf der Winsch belegt werden und man holt nur die Achterleine dicht, bis das Boot oben ist.



Dann kurbelt der Schleusenwärter das eine Tor (sind geteilt) wieder auf, Carsten wird aktiv und kurbelt die andere Seite auf – auf zur nächsten Schleuse, der Schleusenwärter fährt mit dem Auto voraus.

 Morgen muss ich wahrscheinlich vor dem Ablegen selbst kurbeln, denn heute ist Carsten‘s letzter Tag, seine letzte Schleuse und sein letzter Campari-O-Saft an Bord.
Hat die ganze Zeit alles gut geklappt, war prima zusammen- Wiedersehen im Herbst in Flensburg.


Schleuse Consenvoye, schräge Wände, aber Schwimmsteg - ober easy.

Ja, der Tag verlief so problemlos, wie bisher kaum einer – ich traute mich kaum zu sagen, „alles easy“, weil dann bisher immer irgendetwas passierte – heute nicht.











Carsten, da kommt einer!
Ein Großer, schnell ...
Schleusen wie geschmiert, um 15:30 Uhr angelegt, mitten im Zentrum von Verdun, einige Sehenswürdigkeiten – die, wie ich gestehen muss, nicht angesehen habe – in Sichtweite vom Liegeplatz, der Strom und Wasser bietet – wieder umsonst.


Am Ufer eine Kneipe neben der anderen, nur wifis alle codiert – und ich habe kein Passwort.

Gegen 17:00 Uhr trifft “Carsten’s Shuttle-Service“ ein, sein Vater wird ihn morgen früh zu seinem Auto nach Maastricht fahren.

Ich werde weiter nach Süden touren, mit Schleusenwärtern, mit Fernbedienung, mit gespannter Erwartung und mit der Hoffnung, dass ich nichts mehr über „shit happens“ schreiben muss.
Abendstimmung an der Kneipenpier von Verdun, hinter den blauen Lichtern schon fast die erste Schleuse von morgen.

Update: 
Ich habe doch ein Passwort von der Kneipe gegenüber - Jetzt ist Allegro kein Internetcafé mehr, jetzt ist es eine Hacker-Höhle.


Freitag, 15. Mai 2015

In Dun-sur-Meuse und im WLAN, 30. Tag

Heute (15.5.) ganz entspannte, kurze Etappe, weil wir sonst nicht bis Verdun kommen würden. Auf der Strecke morgen (nach Verdun) sind 9 Schleusen - und alle mechanisch (also keine Automatik), dazwischen wenig Gelegenheit zum Anlegen - also eine Tagesetappe - also morgen.
Die Brücke war auch schon vor uns kaputt.

Heute sind wir schon gegen 12:00 Uhr im netten, etwas verschlafenen Ort Dun-sur-Meuse gelandet.
Wasser, Strom, Dusche, alles da - und ein WLAN, das den Computernutzer vor Begeisterung juchzen läßt - und umsonst - Preis 8 Euro.

Also wird Allegro zum Internetcafé, um die Blogartikel von den letzten drei Internet-Verkümmerten Tagen mit Fotos zu garnieren, den Artikel von gestern zu laden und den (wegen Arbeitsüberlastung) heute kurzen Blog zu schreiben.
Am Gemeindesteg von Dun-sur-Meuse.




Nach der Ankunft wurde Wasser gebunkert (Gardena-Falt-Schlauch) quer über die wenig befahrene Strasse zum Wohnmobilstellplatz (ja, schon wieder!).









Der Ort mit Kirche auf dem Berg. Fromme klettern eben.


Dann auf dem Weg zum nahen Supermarkt, Rast im Café d 'Ecluse (auch mit WLAN - wir nähern uns der Zivilisation), und nachmittags bloggen, chillaxen und genießen - ach ja und duschen!
Blick von der nächsten Schleuse zurück auf Allegro.

Schleusencafé.

Die sanitären Anlagen in den Häfen sind um Längen besser, diese ist im Schleusencafé.

Morgen heißt es Abschied nehmen von Carsten, der wieder nach Flensburg muss, um zu arbeiten.
Ja, das gibt es auch noch - aber war schön mit Carsten, dem Schiffsingenieur.

Der Reiher an sich, das Global Positioning System und der Kabelbinder an sich, 29. Tag



Heute (14.5.) fing alles gut an, wir kamen flott aus den Federn, leckeres Frühstück, problemlose Abfahrt aus von unserem Spezial-Liegeplatz, völlig umsonst und völlig ohne Komfort - aber toll - irgendwie.
Keine Steine, keine Grundberührung, nichts Aufregendes und die erste Schleuse war schnell passiert.
Nach dem Stress mit dem Cheval (tscheewall, das Pferd) gestern haben wir uns einen entspannten Tag aber auch redlich verdient.

Doch was lehrt die Erfahrung meiner inzwischen 4-wöchigen Fahrt quer durch Europa?
Immer, wenn es besonders easy zu sein scheint – dann kommt was!

Dieses Mal war es wieder einmal eine kaputte Schleuse, 2 rote Lichter, also defekt.
Wieder Handy ´raus, (muss man also unbedingt dabei haben, den vor den Schleusen kann man kaum anlegen, so dass das dort installierte Nottelefon schwer zu erreichen ist)- erster Anruf, falscher Kanalabschnitt, aber die Dame hat mir nett die richtige Telefonnummer diktiert – nur wusste sie nicht, dass ich mit den Zahlen auf französisch nicht so fit bin (ist auch schwer, oder?), war das nur quatorze oder quatre vingt und was bedeutet was?
Leider hat sie die Nummern nicht einstellig diktiert, denn bis 10 zählen kann ich noch.
 
Nicht sexy - dislike.
Trotzdem der nächste Anruf klappte (mit Gegencheck im Kanalhandbuch) und mir wurde gesagt, Hilfe sei unterwegs. Die kam dann auch, aber erst nach fast einer Stunde, damit war unser wieder ehrgeizig gesetztes Tagesziel für diesen Tag erledigt – neues Ziel Stenay, statt Dun-sur-Meuse.

Das war ein wenig ärgerlich, denn so verlieren wir einen ganzen Tag, denn der nächste Abschnitt bis Verdun war so nicht in einem Stück zu schaffen – zu viele Schleusen und noch dazu welche ohne die an sich prima funktionierende Automatik.

Na ja – ist ja Urlaub, der Weg ist das Ziel und nur keine Aufregung – wie mir Andrea per whatsapp mitteilte.
 
Wie zuhause, ein schöner "Weg der das Ziel ist".

Aufpassen!!

Unterwegs immer wieder der Blick auf’s Echolot (alles gut, tief genug) und auf die Anzeige von SOG (Speed über Grund) und KTS (Knoten laut Logge, also durch Wasser) – an der Differenz erkennt man die Strömung. Immer öfter zeigte das GPS (das Global Positioning System) SOG gleich Null.





Das kann mal passieren, wenn die Antenne abgedeckt ist, aber heute passierte das immer wieder, kurz beschrieben funktionierte das GPS wie ein Blinker am Auto: geht-geht nicht-geht-geht nicht …, das soll aber nicht so sein.

Und - ehrlich - mich nervt es tierisch, immer auf ein defektes Instrument zu glotzen, nein, es muss schon alles funktionieren.





Also Diagnose-Ideen gewälzt, Abhilfe-Methoden abgewogen, woran liegt‘s? Am Kabel wackeln, Antenne ausrichten …
Nach einiger Zeit merkte ich, dass die Anzeige sofort wieder da war, wenn ich meine Hand sanft streichelnd über die Antenne bewegte – das kann aber auch nicht die Lösung sein.
 
Jedenfalls auf Dauer – ich bin zu dem (leider, wie ich manchmal denke) eher der weniger zärtliche Typ, und habe schon gar keine Ambitionen, meine GPS-Antenne mit zärtlichen Streicheleinheiten gnädig zu stimmen.
Wahrscheinlich fungiere ich beim Handauflegen als zusätzliche Antenne, der empfang stabilisiert sich – Fehler also im Kabel – wird weiter untersucht.
Das Gerät ist auch im reiferen Alter, vielleicht muss mal eine neue Antenne, samt Kabel her?
 
Wie konnten andere generationen bloß ohne das existieren?
Die ersten Versuche, das GPS anders zu befestigen und eventuelle Feuchtigkeit zu eliminieren ließen mich jedenfalls philosophisch motiviert über die Errungenschaften der Technik grübeln.
Besonders der unscheinbare Kabelbinder hatte es mir angetan und schließlich konnte ich es auf die einfache aber zutreffende Weisheit destillieren: 

Ein Leben ohne Kabelbinder kann sinnvoll sein, ist aber nicht möglich (frei nach Loriot’s Mops-Weisheit).
Von den Möpsen Loriot’s nun zu den Tieren, die uns hier begegnen.

Der allgegenwärtige Kormoran und die gemeine Graugans, die die ersten Wochen dominierten, sind dem majestätischen Graureiher gewichen.

Einer von gaaaanz Vielen.


Davon gibt es hier jede Menge, heute habe ich bei etwa 25 aufgehört zu zählen (obwohl ich auf 
deutsch gezählt habe, und damit weiter käme).
Diese großen und geradezu gelangweilt fliegenden Vögel sind eine Augenweide, allerdings habe ich manchmal fast Angst, dass sie mir auf’s Boot fallen, wenn sie ´drüber fliegen – eben weil sie so langsam fliegen. Man wundert sich, dass sie oben bleiben.



  
Zudem scheinen sie ein wenig doof zu sein, denn immer wenn Allegro ankommt, fliegen sie auf, um sich 100 Meter weiter wieder an’s Ufer zu stellen – und dann wieder gestört zu werden. Ungefähr drei Mal geht das so, dann drehen sie eine Kurve und landen hinter dem Boot – dazu gelernt.

Außer den eleganten Vögeln gibt es hier eine Menge Angler, die meisten im Tarnanzug (wahrscheinlich praktisch) – und zum Glück ziehen sie ihre Angeln ein, wenn wir vorbeifahren. Eine Angelsehne im Propeller – das fehlte noch.

Also Angler und Graureiher, scheint logisch, denn beide essen Fische.

Immer wieder Wohnmobile ...unterwegs...




Kurz vor Dienstschluss der erreichen wir Stenay, einen hübschen kleinen Hafen, in dam man sehr schön liegt – zudem umsonst, denn niemand kommt zu Kassieren. Die Dienstzeiten der Capitainerie sind aber auch merkwürdig, von 8:30 Uhr – 17:30 Uhr. Da sind die meisten unterwegs.



... und im Hafen von Stenay. Nächstes Jahr mit Familie? Wäre gut!

Den Code der Duschräume gibt uns dann eine Gruppe Wohnmobilisten aus Belgien, auch davon gibt es sehr viele hier.
Nach der Körperpflege geht’s ins Restaurant Le Chanzy, sehr lecker, Flasche Wein dazu, ich leckere Pizza.

Carsten probierte etwas mit einem sehr schönen Namen, aber „très special“, wie die Kellnerin erklärte – war es dann wohl auch, ich habe nicht probiert, aber Carsten mit einem Teil meiner zu großen Pizza vor dem sicheren Hungertod gerettet.

Trotzdem schönes Restaurant, habe ich auch im Gästebuch vermerkt und dazu die Adresse des Blogs geschrieben, um die Leserzahlen auch aus Frankreich in astronomische Höhen zu treiben.

Bei 5000 Zugriffen gibt's einen Sekt - bald soweit.

Mittwoch, 13. Mai 2015

Zuerst die Gute - oder zuerst die Schlechte?, 28. Tag



Heute (13.5.) ist soviel passiert, eigentlich unerwartet. Man stellt sich doch eher vor, dass Carsten und ich den ganzen Tag auf dem Boot ´rumsitzen, bisschen aufpassen, wo der Kanal lang läuft – und ansonsten überlegen, was man als Nächstes isst oder trinkt.
So ist es aber nicht, so ist es vielleicht beim Segeln auf dem Meer, wo eine ganze Weile Nichts passiert, wo keine Untiefen sind, keine Kurve, keine Schleusen, keine Ortschaften, kein Treibholz und ich weiß nicht was noch „kein“ – denn ich glaube nicht, dass ich alles schon mal erlebt habe, was so passieren kann.


Morgennebel in Revin
Aber der Reihe nach, nach dem Ablegen vom parkähnlich gepflegten Anleger von Revin, mit der netten Hafenmeisterin mit dem französischen Wortschwall, galt es erst mal, den fiesen Stein von gestern zu umschiffen – das ist uns gelungen, mit Herzklopfen zwar, aber hat geklappt.

Wir dachten, das reicht eigentlich als Aufregung für heute – weit gefehlt.

Zuerst die guten Geschehnisse oder erst die Schlechten – na gut, fangen wir mit den Guten an.
Wetter fantastisch, nach dem wunderschönen Morgennebel auf dem Fluss, beim Frühstück, brannte die Sonne die restlichen Schwaden weg und wir führen bei angenehmen 20 – 25 Grad weiter gen Süden.

Zur Steigerung der Spannung streue ich mal ein paar Bilder von unterwegs ein: 

Schönes Wetter - schöne Bäume - schöne Berge
Im Märchenwald - per Boot
Ein Pont, aber nich dÀvignon - der kommt noch.
Verwunschene Landschaft.

Da dudelt einer am Ufer auf seinem Sack.

Gut war auch der zweite Kaffee, die Kekse (also doch essen, trinken und faulenzen) – nööö, denn die nächste Untiefe wartete schon auf uns, allerdings nur ein leichtes Abbremsen und Geschlurfe über einen Matschbuckel – aber trotzdem, bei 1,50 Meter Tiefgang! Mit mehr würde ich hier nie durchfahren.

Jetzt (abgesehen davon, dass der ganze Tag eigentlich gut war) sind wir mit dem Guten schon fertig. Denn n der 3 Schleuse (von 9 Schleusen heute) kam von hinten ein Urlauberboot (Form: Ponton mit Wohnaufbau - hässlich aber ganz praktisch im Kanal) auf, mit schäumender Bugwelle und zwängte sich hinter uns in die kleine Schleuse. Schleusenkino!
Nur ein Festmacher, nicht in der Bootsmitte, Ergebnis, diagonal in der Schleuse, machte den beiden aber anscheinend nicht viel aus. Außer erfolglosem Leinengezerre und angestrengten Gesichtern, war nicht viel zu bemerken.
Wir beschlossen, den „Chaoten“ in der nächsten Schleuse den Vortritt zulassen und lieber alleine zu schleusen –man weiß ja nie …
Klappte auch, aber in der übernächsten waren wir wieder ´dran, an „le Cheval Bayard“, sie hatten auf einen Talfahrer warten müssen. Diesmal lagen sie vor uns, eine Leine, diesmal am Heck, dasselbe Theater, OmG.
Nächste Schleuse, wir wieder alleine, weil wir sie in der Mittagspause überholt hatten. So dachten wir.
Wir kommen zur Schleuse, drücken die Fernbedienung, rot-grün geht an, alles gut. Dann, rot-rot, gar nicht gut, denn das bedeutet „Schleuse außer Betrieb“.
Ratlosigkeit, nochmal drücken, wieder dasselbe.
Also mit dem Handy die VNF (Kanalverwaltung) anrufen und die Störung melden, damit es weitergehen kann. In meiner Verwirrtheit, habe ich die falsche Schleuse angegeben – man kommt ja auch kaum nach mit dem Schleusen-Zählen! Aber die Dame von der VNF fragte nach dem Bootsnamen, verabschiedete sich – und 30 Minuten später fuhr ein Lieferwagen mit der Aufschrift „Plongeur“ zur Schleuse, 2 Taucher stiegen aus und fingen an irgendetwas zu regeln.
Diese schnelle Reaktion der VNF gehört natürlich unter die Rubrik des „Guten“, aber ich will ja auch der Reihe nach erzählen.
Während der Wartezeit drehten wir langsame Kreise vor der Schleuse – Anleger gab es nicht – und siehe da, hatten 2 weitere Grundberührungen. Wegen des geringen Tempos halb so wild, aber das gibt doch zu denken und schärft die Aufmerksamkeit (immer auf´s Echolot gucken!) – und vertreibt auf einen Art eventuell aufkommende Selbstsicherheit, auf die ich verzichten könnte.





 
2 rote Lampen - pas bon!

Nach etwa einer ¾ Stunde Wartezeit ging das grüne Licht an, wir führen in die Schleuse und sahen bei einem Blick über die Schulter „le Cheval Bayard“ mit Schaum vor dem Bug auf die Schleuse zu jagen – wieder die!









Der negative Höhepunkt des Tages kam dann, als die Schleuse oben angekommen war und die Tore öffnete, wir lagen vorne, Cheval hinter uns (klar, diagonal) –wir hatten die Leinen gerade los, als die „Idiotas“, wie ich sie anschrie, mit Vollgas auf unser Heck zurasten – zum Glück nur eine leichte Berührung, wegen der Kundschaft, die diese Boote mietet, sind sie rundherum gut gepolstert.
Aber trotzdem, wo gibt´s denn sowas!!!
Vas t' en - hau bloß ab!!!!



Stinksauer haben wir die Franzosen noch eine Weile beschimpf, noch lieber wäre ich mit dem Boothaken auf sie losgegangen – bis sie uns dann mit Vollgas wieder überholten.
Sie winkten (peinlich berührt?), wir winkten nicht und straften sie mit eiskalter Nichtachtung.



 
Soweit der abwechslungsreiche 28. Tag meiner Reise – immer was Neues – auf Manches könnte ich verzichten.
Ein Liegeplatz, wo eigentlich keiner ist, lange Leinen!
Nachwort, wir haben die beiden wieder überholt, haben jetzt 2 Schleusen Vorsprung und hoffen, dass wir sie nie wieder sehen – schon gar nicht morgen.


Wir haben heute Nacht den verrücktesten Liegeplatz ever, direkt vor der Schleuse, an einem Festmacher für die Großen, mit 2 Springs und 2 Landleinen, wild romantisch,ein Kuckuck ruf kuckkuck ... – zählt auch wieder zum Guten.

 
Ein Tag – ja, ein Tag, wie er eigentlich sein soll – Hochs und Tiefs, am Ende alles gut.


Dienstag, 12. Mai 2015

Warum es gut ist, einen Schiffsingenieur an Bord zu haben, 27. Tag




Ich mag schon gar nicht mehr schreiben, wie beeindruckend die Landschaft hier ist – deshalb lasse ich es heute auch einmal - aber auch so wird es nicht langweilig, sogar aufregender als mir lieb sein kann.



Wir sind tatsächlich fast um 9:00 Uhr losgekommen, trotz Croissant und Baguette, frisch vom Bäcker.

 Dabei kam noch das Glück dazu, dass es an Mardi (also heute Dienstag, 12.5.) 2 Baguettes für den Preis von einem gab.
Gleich kam die erste Schleuse in Sicht, routiniert die Fernbedienung gezückt und los kann’s  gehen.
   

 Unterwegs kamen uns heute zwei (so viele!) Frachter entgegen, bei denen wir rätselten, wie die wohl in die kleinen Schleusen passten. Aber irgendwie muss es wohl doch gehen. Ob die die Bordwände mit Vaseline einschmieren, 
konnten wir nicht feststellen – ich würde es 
machen, denn es ist kaum zu glauben, 
Ein "Schleus-chen"
dass die in die Schleusen passen.

Blaue hoch, geht los - Rote runter, STOPP, au secures!

Meistens wird auch noch gebimmelt, wenn's los geht.

Sind ´drin, blaue Stange hoch, Tor geht zu.

In einer Schleuse (ich weiß nicht mehr welche von den heutigen fünf), wurden wir hinter einer der berühmt berüchtigten Peniche’s geschleust, es war eng aber es ging.
Vor der nächsten Schleuse ließ uns der Penichen-Kaptän ziehen, ihm war es wohl auch etwas zu eng.


Als unser heutiges Ziel kristallisierte sich dann immer mehr Revin heraus, nach nur 17 Meilen. Aber mehr war nicht zu schaffen, wegen Gegenstrom von um die 2 Knoten und immerhin 5 Schleusen.
Wir rechneten mit einer Ankunftszeit von etwa 15:00 Uhr, auch mal schön, relativ früh im Hafen zu sein.
Vorher lag noch der zweite Tunnel der bisherigen Reise auf dem Weg, direkt vor Revin – wieder etwas unheimlich, aber kein Problem.

I


 
In den Yachthafen von Revin kommt man dann, indem man nach dem Tunnel wieder stromabwärts fährt, zurück in die Flussschleife, die der Tunnel umgangen hatte, nur etwa einen Kilometer – schön, endlich mal stromab, wenn auch nur kurz.







Amazonas oder Frankreich?

Da wohnt - glaube ich - die Adams Family.

Solche Brocken passen in die Schleusen, kohm zu globen.

2. Tunnel in Frankreich

 

Also plötzlich über 6 Knoten auf dem Log, Wassertiefe 2 Meter und mehr, Mitte der Fahrrinne, Hafen schon fast in Sicht – und es passierte trotzdem.







Ein Rumms durch das ganze Schiff, wir hatten einen Stein getroffen!
Einen Stein, der hier natürlich nicht liegen dürfte, bei garantierten 1,80 Metern und angezeigten 2 Metern und mehr, plus des 80 cm Sicherheitsreserve der Tiefenmessereinstellung.







Es war wirklich ein gewaltiger Rumms, der Schreck saß nicht nur in allen Gliedern, sondern im ganzen Körper und darüber hinaus.
Im Hafen angelangt sprachen wir mit einem netten Holländer über den Schreck, der sagte, dass hier in den Flüssen alles liegen könnte – sogar die eigene Schwiegermutter.
Na, da bin ich sicher, dass wir sie nicht getroffen haben, denn Marianne ist wohlbehalten in Flensburg und kocht am Wochenende für die Familie Spargel, oder?

Im Hafen dann Schadensanalyse – und hier kommt Schiffsingenieur Carsten  ins Spiel. Neben seiner Erfahrung als Schiffsingenieur ist er so etwas wie ein Prüfer für technische Anlagen auf Schiffen, die Einhaltung von Bauvorschriften auf Werften und auch für Schadensfeststellung, Arbeitgeber DNV GL.
Also der richtige Mann am richtigen Ort.

Und –toll – er hatte auch keine Hemmungen, mit meinem Neoprenanzug und Taucherbrille ins 16 Grad „warme“ und trübe Flusswasser zu steigen und Kiel und Ruder zu begutachten.
Ein Ingenieur als Held, ich bin dankbar.

Seine Ergebnisse: Kein Schaden zu erkennen, am Ruder fehlt eventuell etwas Spachtelmasse (die ich zwecks Regattaoptimierung an der Abrisskante verarbeitet hatte).

Im Inneren, alle Kielbolzen trocken, kein Schaden feststellbar. Später beim Vorbereiten des Abendbrotes musste ich feststellen, dass ein Ei in der Packung in der Kühlbox leck geschlagen war – davon?
Oder vielleicht auch von unvorsichtigen Einpacken  - wer weiß.

Ja, was soll man da sagen – ausgerechnet, wenn wir mal Speed ´draufhaben, liegt ein Stein im Weg.
Ich dachte und hoffe auch, dass aus der Rubrik „shit happens“ nun nichts mehr zu berichten ist – aber zu vermeiden war das nicht- es war einfach Pech, zum Glück ohne wirkliche Folgen.

Vor der Reise war mir schon klar, dass so ein Abenteuer eventuell nicht ohne irgendwelche unvorhergesehenen Geschehnisse durchlebt werden würde – aber so ein Rumms, Mist.

Naja, inzwischen habe ich mich beruhigt und sehe dem weiteren Verlauf optimistisch entgegen – immerhin ist mein persönlicher Schiffsingenieur noch ein paar Tage an Bord.
Später soll die Strecke dann etwas tiefer (Wassertiefe gemeint) werden, also ein Risiko weniger.

Noch ein Wort zu Revin und seinem Hafen – romantisch, sehr gepflegt, alles was man braucht, Liegegebühr inclusive Strom 7,80 Euro (gestern in Vireux stolze 8,00 Euro).
 
Abendstimmung im Hafen von Revin, wieder beruhigt.



Festmachen im Park


Der Grill sieht neu aus, wie alles hier - schön.
In unmittelbarer Hafennähe ein Lidl und andere Geschäfte, Münzwaschmaschinen mit Trockner und eine Dieseltankstelle, per Kanister wurde nachgetankt.
Also sehr zu empfehlen, nur dass ich das schöne Ambiente zu Beginn nicht recht genießen konnte.

Die Dieseltankstelle funktioniert mit Kreditkarte, was ich zuerst nicht so richtig kapiert habe, wegen der automatischen Ansagen in schnellem Französisch.
Neben mit hielten dann 4 Halbwüchsige im Golf GTI (oder so) , die fragten ob sie mit meiner Kreditkarte tanken könnten, gegen Bargeld, weil sie ihre Karte vergessen hatten – ich antwortete, „la carte ´ne marche pas“, was so viel heißt, wie „die Kreditkarte marschiert nicht aus meinen Händen in eure!“
Und siehe da, einer der Vier hatte doch eine Kreditkarte, ich konnte beobachten wie es geht (comme ca marche) – und dann selbst meine 3 Kanister mit 25 Litern Gasoline (das ist Diesel) füllen.

Der Weiterreise steht also nichts mehr im Wege – nur der Stein, da müssen wir wieder vorbei – aber gaaaaanz langsam, höchstens ein Viertel Knoten – und vielleicht ist er ja weg, dieser Schwiegermutter-Phantomstein.