Dienstag, 12. Mai 2015

Warum es gut ist, einen Schiffsingenieur an Bord zu haben, 27. Tag




Ich mag schon gar nicht mehr schreiben, wie beeindruckend die Landschaft hier ist – deshalb lasse ich es heute auch einmal - aber auch so wird es nicht langweilig, sogar aufregender als mir lieb sein kann.



Wir sind tatsächlich fast um 9:00 Uhr losgekommen, trotz Croissant und Baguette, frisch vom Bäcker.

 Dabei kam noch das Glück dazu, dass es an Mardi (also heute Dienstag, 12.5.) 2 Baguettes für den Preis von einem gab.
Gleich kam die erste Schleuse in Sicht, routiniert die Fernbedienung gezückt und los kann’s  gehen.
   

 Unterwegs kamen uns heute zwei (so viele!) Frachter entgegen, bei denen wir rätselten, wie die wohl in die kleinen Schleusen passten. Aber irgendwie muss es wohl doch gehen. Ob die die Bordwände mit Vaseline einschmieren, 
konnten wir nicht feststellen – ich würde es 
machen, denn es ist kaum zu glauben, 
Ein "Schleus-chen"
dass die in die Schleusen passen.

Blaue hoch, geht los - Rote runter, STOPP, au secures!

Meistens wird auch noch gebimmelt, wenn's los geht.

Sind ´drin, blaue Stange hoch, Tor geht zu.

In einer Schleuse (ich weiß nicht mehr welche von den heutigen fünf), wurden wir hinter einer der berühmt berüchtigten Peniche’s geschleust, es war eng aber es ging.
Vor der nächsten Schleuse ließ uns der Penichen-Kaptän ziehen, ihm war es wohl auch etwas zu eng.


Als unser heutiges Ziel kristallisierte sich dann immer mehr Revin heraus, nach nur 17 Meilen. Aber mehr war nicht zu schaffen, wegen Gegenstrom von um die 2 Knoten und immerhin 5 Schleusen.
Wir rechneten mit einer Ankunftszeit von etwa 15:00 Uhr, auch mal schön, relativ früh im Hafen zu sein.
Vorher lag noch der zweite Tunnel der bisherigen Reise auf dem Weg, direkt vor Revin – wieder etwas unheimlich, aber kein Problem.

I


 
In den Yachthafen von Revin kommt man dann, indem man nach dem Tunnel wieder stromabwärts fährt, zurück in die Flussschleife, die der Tunnel umgangen hatte, nur etwa einen Kilometer – schön, endlich mal stromab, wenn auch nur kurz.







Amazonas oder Frankreich?

Da wohnt - glaube ich - die Adams Family.

Solche Brocken passen in die Schleusen, kohm zu globen.

2. Tunnel in Frankreich

 

Also plötzlich über 6 Knoten auf dem Log, Wassertiefe 2 Meter und mehr, Mitte der Fahrrinne, Hafen schon fast in Sicht – und es passierte trotzdem.







Ein Rumms durch das ganze Schiff, wir hatten einen Stein getroffen!
Einen Stein, der hier natürlich nicht liegen dürfte, bei garantierten 1,80 Metern und angezeigten 2 Metern und mehr, plus des 80 cm Sicherheitsreserve der Tiefenmessereinstellung.







Es war wirklich ein gewaltiger Rumms, der Schreck saß nicht nur in allen Gliedern, sondern im ganzen Körper und darüber hinaus.
Im Hafen angelangt sprachen wir mit einem netten Holländer über den Schreck, der sagte, dass hier in den Flüssen alles liegen könnte – sogar die eigene Schwiegermutter.
Na, da bin ich sicher, dass wir sie nicht getroffen haben, denn Marianne ist wohlbehalten in Flensburg und kocht am Wochenende für die Familie Spargel, oder?

Im Hafen dann Schadensanalyse – und hier kommt Schiffsingenieur Carsten  ins Spiel. Neben seiner Erfahrung als Schiffsingenieur ist er so etwas wie ein Prüfer für technische Anlagen auf Schiffen, die Einhaltung von Bauvorschriften auf Werften und auch für Schadensfeststellung, Arbeitgeber DNV GL.
Also der richtige Mann am richtigen Ort.

Und –toll – er hatte auch keine Hemmungen, mit meinem Neoprenanzug und Taucherbrille ins 16 Grad „warme“ und trübe Flusswasser zu steigen und Kiel und Ruder zu begutachten.
Ein Ingenieur als Held, ich bin dankbar.

Seine Ergebnisse: Kein Schaden zu erkennen, am Ruder fehlt eventuell etwas Spachtelmasse (die ich zwecks Regattaoptimierung an der Abrisskante verarbeitet hatte).

Im Inneren, alle Kielbolzen trocken, kein Schaden feststellbar. Später beim Vorbereiten des Abendbrotes musste ich feststellen, dass ein Ei in der Packung in der Kühlbox leck geschlagen war – davon?
Oder vielleicht auch von unvorsichtigen Einpacken  - wer weiß.

Ja, was soll man da sagen – ausgerechnet, wenn wir mal Speed ´draufhaben, liegt ein Stein im Weg.
Ich dachte und hoffe auch, dass aus der Rubrik „shit happens“ nun nichts mehr zu berichten ist – aber zu vermeiden war das nicht- es war einfach Pech, zum Glück ohne wirkliche Folgen.

Vor der Reise war mir schon klar, dass so ein Abenteuer eventuell nicht ohne irgendwelche unvorhergesehenen Geschehnisse durchlebt werden würde – aber so ein Rumms, Mist.

Naja, inzwischen habe ich mich beruhigt und sehe dem weiteren Verlauf optimistisch entgegen – immerhin ist mein persönlicher Schiffsingenieur noch ein paar Tage an Bord.
Später soll die Strecke dann etwas tiefer (Wassertiefe gemeint) werden, also ein Risiko weniger.

Noch ein Wort zu Revin und seinem Hafen – romantisch, sehr gepflegt, alles was man braucht, Liegegebühr inclusive Strom 7,80 Euro (gestern in Vireux stolze 8,00 Euro).
 
Abendstimmung im Hafen von Revin, wieder beruhigt.



Festmachen im Park


Der Grill sieht neu aus, wie alles hier - schön.
In unmittelbarer Hafennähe ein Lidl und andere Geschäfte, Münzwaschmaschinen mit Trockner und eine Dieseltankstelle, per Kanister wurde nachgetankt.
Also sehr zu empfehlen, nur dass ich das schöne Ambiente zu Beginn nicht recht genießen konnte.

Die Dieseltankstelle funktioniert mit Kreditkarte, was ich zuerst nicht so richtig kapiert habe, wegen der automatischen Ansagen in schnellem Französisch.
Neben mit hielten dann 4 Halbwüchsige im Golf GTI (oder so) , die fragten ob sie mit meiner Kreditkarte tanken könnten, gegen Bargeld, weil sie ihre Karte vergessen hatten – ich antwortete, „la carte ´ne marche pas“, was so viel heißt, wie „die Kreditkarte marschiert nicht aus meinen Händen in eure!“
Und siehe da, einer der Vier hatte doch eine Kreditkarte, ich konnte beobachten wie es geht (comme ca marche) – und dann selbst meine 3 Kanister mit 25 Litern Gasoline (das ist Diesel) füllen.

Der Weiterreise steht also nichts mehr im Wege – nur der Stein, da müssen wir wieder vorbei – aber gaaaaanz langsam, höchstens ein Viertel Knoten – und vielleicht ist er ja weg, dieser Schwiegermutter-Phantomstein.

 

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