Freitag, 21. August 2015

Zum Schluss ein Schmankerl, 129. Tag




Der Tag (21.8.) fing gar nicht so gut an, zu meiner üblichen Auslaufzeit war die 200 Meter entfernte Brücke nicht zu sehen – pottendicker Nebel.
Aber der Blick nach oben zeigte schon, dass den Tag über die Sonne scheinen würde, denn der Nebel lag nur auf dem Wasser – oben war schon blauer Himmel zu sehen.
Blick zurück auf die "Liegestelle"

Bald kommt die Sonne ...

Gegen 8:00 Uhr war es dann soweit, dass ich die Brücke und etwas mehr erkennen konnte, also Motor an und los.

Entgegenkommende Frachter waren gut zu erkennen – und ich für die Frachter hoffentlich auch – denn manchmal lag noch eine Nebelbank auf dem Kanal, so dass für kurze Zeit wieder recht wenig zu erkennen war – aber zurück konnte ich nun auch nicht mehr, also auf die Sonne setzten. 




Und wirklich, kurz nach 9:00 Uhr war der Spuk vorbei und wir fuhren bei wunderbarem Sonnenwetter auf das Schiffshebewerk Lüneburg zu. 









 
Was vom Nebel übrigbleibt, tropft mir in den Kragen


Ganz schön eng im Hebewerk

In der großen Badewanne wurde eng gepackt, die Mastspitze war einen halben Meter vom vor mir liegenden Frachter entfernt – das Ende eine Meter von der rückwärtigen Wand des Beckens.

Aber da im Becken keine Strömung ist – es wird ja als Ganzes hoch oder ´runter gefahren – ging alles gut, und der Frachter fuhr netterweise ganz sanft an.


Hebewerk im Kielwasser - auf zur Elbe





Noch eine Stunde Kanal, dann eine halbe Stunde Elbe aufwärts und wir standen vor der vorletzten Aufwärts-Schleuse (Lauenburg) der ganzen Reise – und die war außer Betrieb, der Service arbeitete schon an dem Problem.
Trotzdem fast zwei Stunden Wartezeit, in der sich eine ganze Gruppe Sportboote ansammelte, die dann alle zusammen nach oben in den Kanal befördert wurden .





Dieser Konvoi blieb auch bis zur nächsten Schleuse zusammen, so dass da alles ruck-zuck ging.
Konvoi im Elbe-Lübeck Kanal

Das war sie nun, die letzte Schleuse, von insgesamt vielleicht 400, die mich nach oben befördert – morgen kommen noch fünf, die mich nach unten bringen, auf die Höhe der Ostsee.
War das der letzte komplette Tag für Allegro im Süßwasser?

Schon möglich, denn wie der Franzose in Sète sagte, „Un bâteau pour la mer!“.
Wer weiß, ob ich noch einmal so eine Schleusentour mache.



Allerdings hat sich das Boot auch in den Schleusen prima gehalten – mal sehen, was die nächsten Segelsommer bringen.
Götakanal? Das gibt es auch Schleusen…
Dschungelfeeling - ohne Lärm

Einfach ein schöner Kanal

Die Fahrt bis Mölln, durch den Elbe-Lübeck Kanal ist dann bei bestem Wetter eine Wonne, eben ein Schmankerl auf einem der letzten Tage meiner langen Reise.
Womit nach intensiver Evaluation die Signifikanz der gestern aufgestellten These, maximal verifiziert wurde.






Natur pur, Bäume und Büsche und Schilf bis fast in den Kanal hinein – beinahe so wie in dem dschungelartigen Teil des Canal du Rhône à Sète, ganz im Süden von Frankreich.
Klar, die Pflanzen sind andere, die Temperaturen auch, aber sonst … aber irgendetwas ist anders, nur was?
Als ich eine Grille zaghaft zirpen höre, fällt es mir ein. 



 
In Südfrankreich machen die Zikaden (auch Grillen) einen Höllenlärm – hier muss man wirklich auf das Zirpen achten, um es nicht zu überhören.
Sehr zurückhaltend eben, die deutschen Grillen.

Im netten Hafen von Mölln marschiere ich mit dem vereinseigenen Bollerwagen los zur Tankstelle und fülle die drei Kanister mit Diesel, jetzt reicht es bis Flensburg.
Generationen-Tratsch auf dem Steg in Mölln

Sonnenuntergang vor Mölln

Als ich zurückkomme, hat sich nichts verändert – die lustige Rentnertruppe von den umliegenden Motorbooten diskutiert immer noch, in Campingstühlen auf dem Steg sitzend, alle möglichen Erlebnisse mit Getrieben, Motoren und Simmeringen.
Dabei werden sie laufend von den Bordfrauen mit frischen Getränken versorgt, wenn die Damen nicht die besten Putztricks für Gelcoat und Chrom besprechen.
Ein Klischee?

Sicherlich - aber ich hab´s erlebt und finde es gar nicht schlimm.


Als ich vom Hafenmeister aufgefordert werde, das Boot umzulegen, statt mit dem Bug mit dem Heck zum Steg, damit sich keiner am Mast den Kopf stößt – werden die Diskussionen kurz unterbrochen- alle wollen helfen und jeder zieht irgendwo und gibt Ratschläge. 




Mir wäre es eigentlich lieber ohne Hilfe, ist aber gut gemeint – und außerdem wollen die beiden Bootsnachbarn von mir sicherstellen, dass der einzige Segler im Hafen keinen Kratzer in ihr Schmuckstück macht.
Wäre ohne Hilfe auch nicht passiert – sicher.

Morgen also die letzten fünf Schleusen der Reise und das letzte Süßwasser – ein bisschen Wehmut schwingt mit – auch wenn ich mich sehr auf zuhause freue.
Werde ich nach der Tour in ein „Loch“ fallen, vielleicht Nichts mit mir anzufangen wissen?

Neee, ganz bestimmt nicht – ich habe mich noch nie gelangweilt (außer im Elbeseiten Kanal) und habe viel zu tun.
Blog fertigstellen mit Statistiken und einer Zusammenfassung aller wichtigen Erkenntnisse, versuchen, aus den vielen Filmschnipseln etwas Vernünftiges zusammenzustellen, das Boot ausräumen, aufräumen und gründlich, sehr gründlich putzen und polieren - es soll wieder wie neu aussehen. Am Kiel und am Ruder wird Einiges zu spachteln sein (Erinnerungen an diverse Grundberührungen, eine davon richtig grob) – das soll perfekt überarbeitet werden.
Außerdem Familienurlaub und und und – ich weiß gar nicht, wie das Alles zu schaffen ist, bis die nächste Segelsaison beginnt – aber ich freue mich auf all die Dinge, weil ich alles gerne mache.

Inzwischen ist auf dem Steg Ruhe eingekehrt – Einige müssen morgen früh los, um die Tide auf der Elbe richtig zu erwischen – ich habe diese Sorge nicht – will aber auch früh los – das Ziel:
Die Ostsee, die Travemünder Bucht.

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