Weil er so ruhig dahin fließt und tief genug ist – das ist die Antwort auf die Frage in der Überschrift zum heutigen (12.8.) Bericht.
Ja, ich bin heute Morgen um 7:00 Uhr aus dem schönen Hafen von Winningen abgefahren, Ziel: Vater Rhein.
Der Ruhetag
gestern war goldrichtig, denn so konnte ich mir – mit Hilfe des hervorragenden
Internets im Hafen von Winningen – selbst ein Bild von der Lage machen.
Links neben dem Bier = Allegro |
Mir ist schleierhaft, wieso einige – die dasselbe Hobby betreiben, eben Bootfahren – derartig wilde Geschichten zum Besten geben.
Vielleicht fehlt
ihnen ein bisschen die Gewissheit, das eigene Boot richtig zu beherrschen und
das versuchen sie dadurch zu kompensieren, dass sie Horrorgeschichten mit
dieser schönen Freizeitbeschäftigung mischen.
Hafen am Tag |
Hafen am Abend, schön hier |
Netter, kleiner Weinort, und August Horch war hier zuhause |
Letzte Moseleindrücke |
Seit ich vorgestern in Winningen abends angekommen bin, habe ich die wildesten Variationen über das Fahren auf dem Rhein aufgetischt bekommen.
Die letzte Moselbrücke - säufz ... |
Einer hat mir erzählt, dass die Frachter das Wasser unter dem Kiel wegsaugen und bei dem niedrigen Wasserstand ein Aufsetzen fast unvermeidlich sei.
... und ´raus aus der letzten Moselschleuse in den Rhein |
Das mit dem Wasserwegziehen kenne ich aus den Kanälen, es stimmt, aber etwa 30 Zentimeter vielleicht, bei einer Kanalbreite von 30 Metern. Der Rhein ist 300 Meter breit, die Fahrrinne alleine etwa 200 Meter – also habe ich diese Erzählung gleich ins Reich der Märchen eingeordnet.
Koblenz und seine Sehenswürdigkeiten - voraus |
Das Deutsche Eck |
Ein Geschichtenerzähler rollte mit den Augen und orakelte „Pegel Koblenz 92 Zentimeter“ – und hat mich damit zunächst natürlich geschockt.
Der schiebt nicht nur einen, er hat auch noch einen an der Seite |
Nach meinen Recherchen bei ELVIS war mir aber sofort klar, dass die Fahrrinnentiefe nicht gleich dem Pegel ist, sondern man 250 Zentimeter dazurechnen muss (also für Koblenz 250 + 92) und dann allerding den Wert GLW (Gleichwertige Wasserstände) wieder abziehen muss, das ist für Koblenz 78 Zentimeter. Die Fahrrinnentiefe beim Pegel Koblenz hat also 264 Zentimeter – das reicht.
Und weiter
stromabwärts (für mehrere Punkte werden die „Pegel“ veröffentlicht) sieht es
ähnlich gut aus.
Viel Verkehr - aber genug Platz |
Die Werte der Pegel und für GLW findet man überall, in Handbüchern, im Internet, es gibt eine Hotline und per Funk werden die Werte für den Pegel auch mehrmals täglich durchgesagt.
Warum man allerdings nicht gleich die Fahrrinnentiefe angibt, ist mir nicht ganz klar, denn so schwer ist das (im Computerzeitalter) ja nicht auszurechnen – ich glaube, es hat irgendetwas mit der Ladetiefe der Berufsschifffahrt zu tun.
Der Nächste, mit
dem ich geredet habe, meinte nur „Ich würde das nicht wagen“ und rollte
ebenfalls Katastrophen vorhersehend mit den Augen und blies die Backen auf.
Kein Wunder, dass
ich erst einmal ziemlich unsicher war – die fahren schließlich alle in diesem
Revier herum – sollte man jedenfalls denken.
Nach einem Tag
Abwägen und Informieren und nach den Vorhersagen des Pegels für die nächsten
Tage (fallend!) war die Sache klar – los und zwar schnell.
Die Entscheidung
war richtig, denn der Rhein empfing mich mit schön mitlaufender Strömung von 3
– 4 Knoten, leichtem Rückenwind (wie vorhergesagt), also keine steile Welle wie
auf der Fahrt im April – und mit Wassertiefen zwischen 3 und 10 Metern.
Also zu den
errechneten Mindesttiefen kam noch ein Sicherheitsaufschlag des Wasser- und
Schifffahrtamtes.
Die 44 Meilen von
Winningen bis Hondorf (hinter Bonn) haben wir dann (inklusive Schleuse) 6
Stunden zurückgelegt – das machte Spaß – auf dem Rhein ständig zwischen 7 und 9
Knoten.
Die heute einzige
Schleuse (Koblenz) fragte mich noch einmal nach dem Tiefgang, weil ich ins
kleine Schleusenbecken geschickt wurde, das heute nur bis 1,80 Meter zugelassen
war – real war es aber auch 2,40 tief.
Der Rhein hat
also wirklich wenig Wasser, aber für Allegro immer noch genug – und morgen soll
der Pegel noch so ähnlich sein wie heute, also schnell bis Duisburg und dann
rechts ab in die Kanäle – und dann will ich mir über Wassertiefen keine
Gedanken mehr machen müssen, basta.
Noch ein paar
Worte zum Hafen von Winningen, prima Hafen, nettes Restaurant und alle
Serviceeinrichtungen (sogar Ikea für Segler, Niemeyer) gibt es dort.
Einer der
Katastrophenpropheten wies mich auch noch ausdrücklich auf das gute Winterlager hin, man habe extra
Böcke für Segelboote vorrätig – omG.
Eins habe ich
gelernt und kann es nur jedem empfehlen, man muss sich selbst ein Bild machen und
dann entscheiden – und darf sich nicht von irgendwelchen Schnackern verrückt
machen lassen.
Stammtischgequatsche,
Heldengeschichten – das gibt es aber wohl in jedem Bereich und nicht nur unter
Wassersportlern.
Außer mich mit
ELVIS zu beschäftigen, habe ich noch das nette Weinörtchen Winningen
durchstreift, bei einem Winzer ein bisschen Wein eingekauft und gelernt, das
August Horch, der Gründer oder Mitbegründer der Audiwerke in Winningen gelebt
hat und Ehrenbürger ist (war).
Das wäre mal eine
Frage für „Wer wird Millioär“, mindestens die 500 000 Euro Frage – Reisen
bildet.
Die Fahrt auf dem
Rhein also prima, trotz ziemlich viel Verkehr – aber bei 200 Metern
Fahrrinnenbreite kann man den Frachtern gut ausweichen, außerdem passiert ja
alles relativ langsam und man kann gut reagieren.
Besonders das
Schlangenlinien fahren (große Bogen) kommt häufig vor, denn die Berufsschifffahrt
fährt nicht immer rechts, sondern je nach Strömung oder kürzerem Weg, wird die
Flussseite gewechselt – diese „Geisterfahrer“ setzen dann ein großes blaues
Schild (wie eine Jalousie),so dass man sieht, aha, an der anderen Seite vorbei
– klappt prima, auch, wenn viele entgegenkommen.
Außer der
schönen, stressfreien Fahrt, war der Tag heute auch eine Fahrt durch eigene
Erinnerungen und fast eine Geschichtsstunde (Wie hieß das noch? „Lernen am
anderen Ort“, genau).
Es fing an in
Koblenz, wo ich also Bundeswehrpflichtiger in den 70ern mit ein paar Kumpels
auf dem Weg zu einem Lehrgang in München Halt gemacht habe und das Deutsche Eck
und die Burg Ehrenbreitstein besichtigt habe.
Weiter ging es
mit Andernach, wo mein Vater in den 60ern und 70ern seine Wehrübungen im
Pressebatallion absolviert hat – in der Zeit des „Kalten Krieges“ und der
anschließenden „Entspannung“ mit einer Menge Desinformation und Propaganda eine
interessante Sache – heutzutage erledigt die NSA ja all diese Dinge.
Kurz darauf die
Ruine der Ludendorff Brücke, besser bekannt als die Brücke von Remagen, die im
2. Weltkrieg die letzte intakte Rheinbrücke war und nach misslungener Sprengung
durch die Deutschen den Weg für die amerikanische Truppen ins Hinterland
darstellte.
Die Brücke von Remagen, Westteil |
... Ostteil |
Röhndorf, Wohnort des ehemaligen Kölner Oberbürgermeisters und späteren ersten Bundeskanzlers - wie hieß er noch? Richtig, Konrad Adenauer.
Weil es so
praktisch für den „Alten“ war, wurde Bonn dann auch gleich provisorische
Bundeshauptstadt der jungen Bundesrepublik, das „Provisorium“ hielt von 1949
(Gründung der Bundesrepublik) bis 1990. Die Regierung blieb sogar bis 1999
hier, dann folgte der Umzug nach Berlin.
Ehemaliges Regierungsviertel |
Ich war als Schüler in Bonn und damals beeindruckt von Regierungsviertel, mit der Villa Hammerschmidt, dem „langen Eugen“ (benannt nach Eugen Gerstenmeier, dem damaligen Bundestagspräsident) und dem Palais Schaumburg - jetzt, besonders im Vergleich zu Berlin sieht doch alles sehr provinziell aus – aber, es hat funktioniert und sollte ja auch nur vorrübergehend sein, wie im Grundgesetzt stand.
Villa Hammerschmidt |
Dass es dann vier
Jahrzehnte dauerte, konnte niemand ahnen – dass es überhaupt passierte, mit der
Wiedervereinigung – auch nicht.
Vom Rhein in der
Vorbeifahrt gut zu sehen, die Tagungsstätte „Petersberg“, in der immer wieder
ganz, ganz wichtige Konferenzen stattfinden - die Bundesrepublik ist dann der
Gastgeber.
Also unterwegs
einige Zeit, um in Erinnerungen zu versinken – aber ruck-zuck, liegt die
Hafeneinfahrt rechts am Ufer – und es wird Zeit einzulaufen.
Dummerweise
kommen mir gerade drei Frachter entgegen, mit blauem Schild, also auf der
rechten Seite. Ist wohl besser, die erst durchzulassen.
Trotz Leerlauf
„machen“ wir noch 3 Knoten – und ich muss ein paar Meter gegen den Strom zurück
in die Einfahrt.
Schon die paar
Meter machen klar, dass eine Fahrt von Duisburg nach Koblenz (etwa 190
Kilometer), also stromaufwärts für Mensch und Material ein Quälerei gewesen
wäre – wir schaffen 2- 3 Knoten, mit über 2000 U/min.
Der Hafen Mondorf liegt idyllisch in einer Rheineinbuchtung – und ist tief genug.
Das hat den
Ausschlag für die Wahl als Zwischenstation gegeben, denn der Hafen von Köln
(habe angerufen) hat zurzeit nur 1,45 Meter Wasser, Düsseldorf wäre zu weit.
Der schnuckelige (und tiefe) Hafen von Mondorf |
Außerdem hatte
ich auf Großstadt sowieso nicht so viel Lust – ich habe so viele schöne Städte
gesehen – die Aussicht bei über 30 Grad in Köln oder Düsseldorf herum zu
latschen hat mich nicht besonders gereizt.
Inzwischen ist es 16:00 Uhr und der Hafenmeister wird bald seinen „Dienst“ antreten – mal sehen, ob ich hier Internetzugang bekomme.
Bei einer
derartig geschichts- und bedeutungsträchtigen Umgebung sollte das doch kein
Problem sein.
Oder Minister
Dobrindt?
Update, 2,5
Stunden später – wieder kein Internet.
Also wird nur der
Text hochgeladen, mit meinem Internetstick, die Fotos folgen dann morgen.
Morgen werde ich –
toitoitoi – in Duisburg in einem Schicki-Micki Hafen sein, „umgeben von architektonisch
reizvollen, denkmalwerten und stadtbildprägenden Mühlen – und Speichergebäuden“,
so schreibt das Handbuch.
Jedenfalls ist er
tief genug und das ist die Hauptsache.
Bis dahin sind es
120 Kilometer, weit aber zu schaffen – wird spät.
…und wird es dort
Internetgeben?
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