Die Wettervorhersage für heute (20.7.) sieht nicht so besonders aus,
zwar Sonne (wie immer) aber starker Nordwind, in Böen 7 – das ist zwar noch kein
Mistral, aber die Richtung ist dieselbe – und für uns hieße das – genau von
vorne, dazu kommt die Strömung der Rhone.
Ich muss mich entscheiden zwischen einem weiteren Tag in der Affenhitze
schmoren oder eine anstrengende (für mich und den eventuell den Motor) Fahrt in
Kauf nehmen, Hitzeschwei? Oder Angstschweiß?
Ich entscheide mich für den Angstschweiß – man kann ja immer noch
umkehren, wenn es zu doll wird.
Also los um 6:00 Uhr, denn ich will so weit wie möglich kommen – durch dieses
Niemandsland der Rhone mit den wenigen Anlegestellen, der langweiligen
Landschaft und den vielen Atomkraftwerken.
Optimal wäre es, bis Valence zu kommen (da war gestern die Tour de
France, leider verpasst) – aber dann muss alles klappen – mal sehen.
Morgens ist der Wind noch sehr angenehm, ich schwitze nicht, weder
wegen der Wärme, noch aus Angst – bei diesem Wetter gefällt es mir an Bord in
Fahrt ohnehin am besten – der fahrtwind kühlt so schön.
Dann die erste Enttäuschung, schon bei der ersten Rhoneschleuse nach
einer Stunde Fahrt, muss ich 90 Minuten warten, weil die Berufsschifffahrt
Vorrang hat – und es kommen 2 von hinten und einer von stromaufwärts.
Mist – Valence in weite Ferne gerückt.
Nach der Schleuse legt der Wind wie erwartet zu, es werden wirklich 7
Beaufort, sogar Wellen mit Schaumkronen kommen uns entgegen. Aber nicht
besonders hoch und nur solange, wie der Flusslauf genau in Windrichtung liegt.
Allegro nimmt das ungerührt hin, der Yanmar Diesel schnurrt mit 2000
U/min und wir schaffen immer noch, trotz Wind und einigermaßen Strömung,
meistens über 4 Knoten.
Und der Angstschweiß? Der trocknet sofort im Wind, wenn er überhaupt
vorhanden war.
Da warte ich ... |
... dass die da aufmacht |
Zweite Schleuse, dasselbe Drama, ich drehe Kreise vor den rot-grünen
Lampen (Vorbereitung), von hinten kommt ein Frachter, Lampe grün, ich
hinterher, Lampe rot, ich zurück , um wieder zu kreiseln, es kommt noch ein
Berufsschiffer, dann ist die Schleuse voll.
Ich funke die Schleuse an „La prochaine fois?“, „Oui, la prochaine fois“.
Dauert aber wieder 90 Minuten, weil auch noch ein Passagierschiff von
oben kommt.
Die dritte Schleuse – meine Lieblingsschleuse „Bollène“, weil sie so
hoch und so schnell ist, lässt mich „nur“70 Minuten warten, dann aber im
Fahrstuhltempo 26 Meter nach oben.
... drin! |
... und die Zügel in der Hand |
Nach der Fahrt messe ich die Temperatur mit dem Laserthermometer, keine auffälligen heißen Stellen, 60 Grad direkt nach dem Abstellen – das ist o.k.
Irgendwann zwischendurch passiere ich die „Port de Soleil“, die
Sonnenpforte – hinter der es (von Norden aus gesehen) keine Wolken mehr am
Himmel gibt – immer Sonne, Sonne, Sonne.
Irgendwie bin ich froh, dass ich heute von Süden kommend durch die „Porte“
fahre – aber bisher keine Wolken – so ein paar Schönwetterwolken wären schon
gut, kommt noch.
St. Etienne, schaut ganz nett aus, kommt aber zu früh. |
Bollène, meine Lieblingsschleuse |
Drinnen ist es auch "schön". |
... und hoch (26 Meter Hub) |
Es wird spät, zu spät für einen Hafen |
Eine Nacht vor der Schleuse |
Morgen also nach Valence, dann nach Condrieu und dann nach Lyon – Rhone fertig!
Wenn das so klappt – und es ist anders nicht möglich, wegen der
Entfernungen und der Schleusen – habe ich die Rhone in 5 Tagen erklommen –
prima wäre das, auch wenn es mit mehr Schleusenglück noch ein Tag weniger hätte
sein können.
Also die Rhone kann strömend sein, sie kann windig sein, man kann leider nicht pünktlich auf ihr sein und sie kann uns nicht aufhalten.
Zum Abschluss die Antwort auf die naheliegende Frage – warum die Hetzerei?
Nun, der Teil der Rhone hinter mir und der Rest der Strecke bis Valence gehört überhaupt nicht zu meinen Favoriten – keine Anlegestellen, geschweige denn Häfen, langweilige Landschaft (meist), viele Kraftwerke, betonierte Ufer – also: einfach nur durch da und gut ist – ich bin dabei, morgen mit frischen Kräften und weniger Gegenwind.
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