Mittwoch, 15. Juli 2015

Der Löwengolf - sportlich, sportlich, 90. und 91. Tag



(Jetzt aktuell, aktualisiert am 19.7. in Avignon)
Die Wettervorhersage ist immer noch gut, also Abschied vom gemütlichen Vendres und hinaus in den Löwengolf, am 14.7., 7:15 Uhr.
Morgenstimmung, immer wieder schön, noch im
Schutz der Bucht von vendres


Ich muss zugeben, ich habe mächtig Respekt vor diesem Golfe de Lion, man liest, dass es eine der windigsten und sturmreichsten Gegenden überhaupt sein soll –und irgendwie tückisch.
Blick zurück - war schön hier

Schon draußen, volle Segel und die Brille ist noch heil



Er wird eingerahmt von den Ausläufern der Pyrenäen und den Seealpen, jedenfalls so ungefähr, die Ufer sind relativ flach, so dass der Mistral mit Schwung einfallen kann.
Mistral ist heute nicht zu erwarten, denn es liegt ein Tief über Nordfrankreich und ein Hoch bei Genua, umgekehrt wäre es die klassische Mistrallage und man sollte besser im Hafen bleiben.



Uppps, das ist aber mehr als 3 -4


Ich setzte die Segel noch im Hafen von Vendres, volles Groß und die Selbstwendefock, sollen ja 3 – 4 Windstärken kommen.

Rauschefahrt - toll, aber auch ein bisschen mit Muffensausen

Segel zum Segeln und nicht mehr als Stabilisator - super!

Auf den Fotos wirkt es harmloser als in Wirklichkeit

Der Löwengolf empfängt mich mit amtlichen 4 – 5 Windstärken, aber die Richtung stimmt, aus Nordwest, ich will nach Nordnordost – das passt – „voll und bei“ nennt man diesen Kurs, der Wind kommt etwas mehr von vorne als genau von der Seite.








Wir donnern (denn es sind ganz gute Wellen) mit 6 – 7 Knoten genau auf Sète zu, ich fahre also nicht den Bogen am Strand entlang, um eventuell schnell in einem Hafen verschwinden zu können – die Windrichtung ist zu günstig, das muss ich nutzen, also genau auf Sète zu, quer über den Golf.






Tückisch? Naja, heute vielleicht zu hart das Wort, für den Golf- aber auf jeden Fall sehr unvorhersehbar, denn die Böen kommen buchstäblich aus heiterem Himmel. Keine Wolke kündigt sie an, sie Sonne scheint wie vorher – 


  - und plötzlich kommen mir lauter Schwäne entgegen – ein Blinzeln, nein, es sind Schaumkronen.


Wir haben 6 – 7, gleiche Windrichtung also einfach weiter – mir ist aber ein bisschen mulmig. Was, wenn der Wind noch weiter zulegt, möglich scheint das zu sein, denn diese Windstärke kam in keinem Wetterbericht vor.




Ich falle also ein wenig ab, um das Material zu schonen und rausche jetzt auf Marseille zu, nach 30 Minuten ist die Böe vorbei, ich kann wieder den richtigen Kurs fahren und wir rauschen immer noch mit 6 – 7 Knoten über den Golf.

Sète in Sicht





Zwischen durch fantastisches Segeln, manchmal n‘ bisschen angsteinflößend, weil weit und breit niemand unterwegs ist
Man schiebt die Gedanken sofort weg, aber sie kommen immer wieder – was wenn jetzt irgendetwas bricht, wenn ich irgendetwas ramme (Container?), was … was … was…, nicht ´dran denken, weitersegeln und aufpassen.





Neue Brille, leider ungeschliffen
Irgendwann hatte ich dann doch einen Schaden, ein Glas von meiner geschliffenen Sonnenbrille purzelte einfach so auf den Cockpitfussboden – klarer Fall von Garantie, Fielmann wird´s richten, die Brille ist erst 3 – 4 Monate alt.





Einen weiteren Schaden habe ich erst vor Sète , beim Segelbergen, bemerkt – irgendwann ist mir eine Part des Baumniederholers gerissen – 5 mm edles Tauwerk, einfach durch gerissen. War aber nur etwa 1,50 lang, also kein finanzielles Desaster – aber es zeigt, dass immer etwas passieren kann.
Nach Sète, da vorne? Oder Marseille, rechts halten.
Sète! Wir wollen nicht undankbar sein für diesen
tollen Segel-Mittelmeer-Löwengolf-Abschlusstag



Später im Hafen kann ich mir dann auch vorstellen, dass die Belastung – gerade für das Tauwerk – hier besonders hoch ist. Die meisten Leinen fühlen sich so steif an wie Draht, richtig gut gepökelt, dazu die sengende Sonne – ungünstige Kombination, die wir so in der Ostsee nicht kennen.






Skipper und Boot werden mit dem aufwickelbaren Gardenaschlauch gründlich entsalzt – einen eigenen Schlauch sollte man hier übrigens dabeihaben. Oft sind keine Schläuche an Steg und außerdem weiß man nicht, wie lange das (warme) Wasser schon darin gestanden hat – der Gardenaschlauch hat sich prima bewehrt.

Je weiter wir Richtung Sète kommen, desto schöner wird das Segel, die fiesen Böen hören auf (war ja auch so angekündigt), die Wellen kommen mehr von hinten  - es wird ein fantastischer Segeltag, einer der besten überhaupt, vielleicht sogar der Beste.
Raumschots, am Ende 3 – 4 Windstärken, schöne gleichmäßige Wellen, 6 – 7 Knoten – schade, dass Allegro kein Boot ist, dass richtig ins Gleiten kommt, das wäre die reinste Wonne – aber auch so ist es toll, die Wellen herunterzufahren – auf mein Boot lasse ich nichts kommen. 

Fast schade, dass wir um 17:00 Uhr schon im Hafen sind, also 61 Meilen unter 10 Stunden, inklusive An – und Ablegen. Well done, Dehler 32!
Trotzdem fahre ich in den Hafen (Marseille ist keine wirkliche Alternative), Sète ist ein guter Endhafen meines Reiseabschnitts „Mittelmeer“, ich habe einen tollen letzten Segeltag geschenkt bekommen, damit bin ich mehr als zufrieden.



Der Löwengolf hat sich meistens von seiner besten Seite gezeigt – merkwürdigerweise erinnert mich das Segeln hier an das Segeln in der Ostsee. Die Wellen sind etwas höher, das Wasser ist etwas blauer (etwas sehr blauer), aber wenn es so passt wie heute, ist es so, wie wenn man günstige Bedingungen in der Ostsee hat – zum Beispiel bei Westwind von Flensburg nach Kiel … ein anderer (unbedeutender?) Unterschied sind allerdings die Temperaturen – Vendres nach Sète, kurze Hose und T-Shirt.
Aber, ich muss sagen, unser Ostseerevier ist schon super (insgesamt), und gegen Kälte kann man sich schützen, gegen Hitze nicht – der Spruch des Tages!

Den Hafen von Sète kenne ich ja schon, als ich an der Gästebrücke einen, meiner Meinung nach, freien Platz ansteuere, kommt ein Marinero angeflitzt – und verweist mich an einen anderen Platz.

Der ist besser, am Brückenende, allerding reicht das Internet (das hier sowieso schwach ist) kaum bis hierher – das ist schade. Das Geschaukel, das die vor der Hafeneinfahrt vorbeifahrenden Ausflugsboote verursachen, stört nicht, Muring und Heckleinen sind gut „getrimmt“.

Beim Hafenmeister bekomme ich einen Termin für das Mastlegen, am Donnerstag um 14:00 Uhr, der Mittwoch (heute, 15.7.) ist also gefüllt mit Umbauarbeiten – Allegro wird wieder zum Motorboot.
Gut gemacht - Segel - Pause bis zum nächsten Jahr

Um 14:00 Uhr ist alles vorbereitet und ich springe zur Abkühlung ins Mittelmeer, dass ich am Freitag verlassen werde.
Die Kanäle erwarten mich, dass Mittelmeer habe ich ziemlich ausgiebig genießen können und manchmal auch erleiden müssen – es geht weiter, der Weg ist das Ziel.

Es ist immer noch sehr heiß (34 Grad in der Kajüte) und die Arbeit (Segel einpacken, Baum abbauen, Mast vorbereiten, Fallen zum Mastlegen vorbereiten, Kabel abklemmen, Gestell aufbauen und hinterher alles wieder aufräumen) bringt mich ins Schwitzen, alle 20 Minuten muss ich irgendwelche Flüssigkeiten nachfüllen – wird alles sofort wieder ausgeschwitzt.
Geruchsproben kann ich in diesem Blog leider nicht liefern – aber ich glaube, das ist zu verkraften.

Abendstimmung im Veille Bassin von Sète


Wenn alles so klappt wie ich es vorhabe, bin ich am Samstagabend in Avignon, dort werde ich einen Tag (mindestens) bleiben – denn die Stadt ist wirklich sehenswert.
Außerdem hatte ich dort tolles Internet (irgendeine Kneipe in der Nähe)  - und kann endlich die fehlenden Fotos nachliefern und den Blog auf den neusten Stand bringen. Vorher auf dem Weg durch die Camargue werde ich wohl eher „offline“ sein.

Cu.


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