Donnerstag, 11. Juni 2015

Einschaukeln und das Blau, 57. Tag





Letzter Abend in Sète
Der Löwengolf soll es ja gewaltig in sich haben, denke ich, als ich heute (11.6.) um 7:00 Uhr morgens den Hafen von Sète verlasse.

Meine Stegnachbarn aus Bremen, mit dem roten 40-Fuß Schiff, meinten noch, immer einige Nothäfen einplanen, das kann alles ganz schnell gehen. Und wirklich der Löwengolf, also der Bereich des Mittelmeeres zwischen Marseille und Port Leucate (so etwa), gehört zu den anspruchsvollen, windigsten Revieren (statistisch), wohl auch bedingt durch den hier immer noch wirksamen Mistral.


Also eigentlich gar nichts für mich, wo ich es doch hyggelig mag – aber leider liegt er zwischen mir und Barcelona bzw. Mallorca  - und da muss ich also durch.

Bisher allerdings haben meine Beobachtungen der letzten 3 Tage in Sète nichts Gefährliches erkennen lassen – aber, was sind schon drei Tage.
Kurz und gut – ich habe schlecht geschlafen, weil mich dauernd Monsterwellen eingeholt haben und ich mir ja auch nicht 100%ig sicher war, dass mit Segeln und Mast alles in Ordnung ist – ein kleiner Fehler kann immer passieren.
 
Grau, aber nicht langweilig - das neue Großsegel.


Trotzdem, um 7:00 Uhr, Leinen los und aus dem Hafen motort.
Vor der Mole dann das Großsegel nach oben gezogen, geht leicht, alles passt, die Reffleinen müssen noch ´n bisschen eingestellt werden, aber das neue Großsegel steht wie eine Eins.
Fock hoch und auf Kurs 200 Grad, zum ersten Seezeichen.





Steht und zieht ...

Rauschende, blaue, langmähnige Wogen ..



Die Kardinalzeichen sind die gleichen (klar) wie in der Ostsee – so viel anders ist es gar nicht  - denke ich.
Auch das Wellenbild erinnert mich an die Außenförde, der Wind kommt schön von hinten, etwas zu sehr, so dass ich wohl ein paar Halsen machen muss, aber immer noch besser als von vorne.





Wie vorhergesagt wehen zunächst etwa 3 Beaufort, später briest es in Böen bis 5 auf, schnelle Fahrt, immer so zwischen 5 und 6 Knoten.
Später, als die Wellen höher werden (maximal 1,50 Meter), steht auch schon mal eine 7 auf der Logge, wenn wir die Welle richtig erwischen.



Ich halte nach Tieren Ausschau, besonders nach Delfinen – sehe aber keine, schade.
Kommt hoffentlich noch irgendwann.
Dafür aber auch keine Quallen, eigentlich rein gar nichts.
Nur dieses Blau, eine irre Farbe, kaum zu beschreiben, nicht grünlich, wie in Strandnähe, sondern tief, vielleicht etwas metallisch, tief blau.



Daher kommt wohl der Ausdruck „Blauwassersegler“, aber schon hier, so kurz nach Sète hätte ich nicht mit der Farbe gerechnet.

Die ersten Meilen sind etwas ungewohnt, in der Kajüte kugeln die Fender auf die Seite, wenn eine Welle durch geht – und der Kaffeebecher und die Müslischale stehen auch nicht so einfach auf dem Tisch – alles schön kentersicher (ojeoje – dieses Wort) verstaut.
Es ist ein Kontrastprogramm zu der Kanalfahrt, zunächst bin ich mir nicht sicher, ob es auf dem Meer schöner ist, denn es ist nicht so viel zu sehen und ein bisschen schwingt immer die Unsicherheit mit – ganz allein auf dem Mittelmeer (ist nämlich weniger los als am Montagmorgen auf der Flensburger Förde).
In den Kanälen war es abwechslungsreicher, muss ich sagen. 
Ich merke das auch an meinen Fotos - ich kann doch nicht immer nur Wasser fotografieren - her mit den Delfinen.

Aber das Segeln packt mich dann doch wieder, ich gewöhne mich an die Schiffsbewegungen, versuche Wellen abzureiten, leider gibt es keine „Gegner“, die man einholen oder abhängen könnte – wie gesagt, alleine.
Die ersten zwei, drei Stunden – das nennt man „Einschaukeln“ – und es schaukelt wirklich, bei dem Kurs, fast vor dem Wind (wäre ideal, geht aber nicht, wegen der Wellen), die Meilen sickern so unter mir durch, einige Halsen später meine ich den Hafen auszumachen. Sicher bin ich mir noch nicht ganz, denn hier ist an Land ein Ort (teilweise mit Hafen) nach dem anderen. 
Tiefe fehlt, zu tief für mein Echolot, etwa 35 Meter.
Aber 6,3 kn.

Doch ist er, zwei Leuchttürme markieren die Einfahrt von Gruissan – bei südöstlichen Winden wird in der Seekarte netter Weise gewarnt, dass Grundseen entstehen könnten und die Einfahrt gefährlich wäre – ojeojeoje – wir haben Südost.
Aber nicht genug, alles easy, ich schaukele zwischen den Türmen durch und bin im ruhigen Fahrwasser, das bis zum Hafen ausgetonnt ist.




Vor dem Hafen mache ich am Steg der Capitainerie fest – und dann geht das Generve los.
Ich will mich anmelden, muss aber erst wieder los, um Personalausweis und Schiffspapiere zu holen, einschließlich Versicherungsnachweise – die Dame an der Rezeption, in deren Stammbaum sicher einige Schnecken vorkommen, ist unerbittlich. Es dauert dann über 45 Minuten, bis sie meine Daten abgetippt hat und mir einen Platz zuweist.
Und was soll ich sagen, ich fahre zu dem Platz hin – und er ist besetzt – nicht nur langsam, auch noch unfähig, naja, nicht ärgern – ich habe eben schlecht geschlafen.
Zwei Hafenarbeiter sagen mir dann, ich könne auch an dem anderen Platz liegen bleiben, den ich mir dann selbst gesucht habe.

Der Hafen ist etwas unpersönlich, fast steril, wenige Urlaubssegler, eher Festlieger, morgen werde ich mir mal das Städtchen angucken – denn ich bleibe morgen hier.
Die Wettervorhersage ist grottenschlecht, Gewitter, Gewitter, Gewitter und viel Wind (in Böen, die kommen ja meistens doch nicht?), da will ich den Löwengolf nicht reizen und lege eine Pause ein.

Ansonsten ist der Hafen schön, moderne, mediteran gebaute Häuser säumen die Ufer und es ist alles vorhanden, was man braucht.

Oh ja, die Kanalfahrt steckt noch in mir ´drin. Beim Einlaufen in den Hafen habe ich fast vergessen, die Fender ´rauszuhängen, denn im Kanal hängen sie ja immer an der Bordwand – auch die Festmacher muss ich erst wieder auf „Seehäfen“ umrüsten, die endlos langen Schleusenleinen verschwinden in der Backskiste.
 
Sieht fast aus wie die Ostsee, aber ich segle im Poloshirt und mit kurzer Hose - und Schwimmweste.
Fazit: erster Segeltag, sehr schön, 35 Seemeilen in nicht ganz sieben Stunden – und sooooo blau – hoffentlich geht der Löwengolf weiter so rücksichtsvoll mit mir um. .

5 Windstärken, ja gerne, in Böen 6, auch noch o.k. – aber das soll es dann auch gewesen sein.
Am liebsten: 3 – 4, wenig Welle, Delfine in der Bugwelle, und Häfen mit aufnahmefähigen Sekretärinnen – das wär´s, was ich mir zum Geburtstag wünsche – müsste doch machbar sein, oder?

Bin gespannt, wer morgen alles zm Sekt  vorbeikommt ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen