Freitag, 12. Juni 2015

Blitz und Donner, und doch noch ein paar Fotos (Nachtrag) 58. Tag





Die rote Stecknadel markiert meinen Standort - mitten ´drin, statt nur dabei - wiedereinmal.
Alles dabei außer Schnee.


Sowas hab‘ ich noch nicht erlebt.
Ein Gewitter, ein Unwetter, es kracht und donnert und blitzt und schüttet vom Himmel, einfach unglaublich.
Seit 9:00 Uhr (am 12.6.) ununterbrochen, Boot ist jetzt schön mit Süßwasser gespült.
Die Wettervorhersage (wetteronline) war also wieder mal richtig, aber dass es so dicke kommt hätte ich mir nicht vorstellen können.

Ich wollte mir eigentlich mal die Stadt ansehen, bisschen bei Lidl (gibt es hier, wie oft in Frankreich) einkaufen und dann gemütlich im Cockpit sitzen und meinen Geburtstagskaffee trinken.
Bisher ist daraus nichts geworden, Unwetter trifft es kaum – Inferno schon eher.
 
Wie froh ich bin, im Hafen zu sein ...



Ich hoffe, es ist keiner draußen auf See. Die Sicht ist sehr schlecht, mal wenig Wind, mal Sturmböen und immer aus verschiedenen Richtungen und es schüttet dazu wie aus Eimern.
Aber morgen soll es besser sein, wird also irgendwann abziehen.

Alles sauber, is' ja Süßwasser

Und dazu schwingt Thor den Hammer



Gerade (13:00 Uhr) rollt das Donnern weg, wie ein LKW, der über eine Brücke fährt – kann mir richtig gut vorstellen, was die Menschen früher gedacht haben, wenn das Gewitter über ihnen war und dann grollend abgezogen ist – Thor schwingt seinen Hammer erst über uns, dann weiter hinten und verschwindet irgendwann – hoffe, das macht er hier auch, auch und obwohl es ein nordischer (Donner)gott ist.



 Unheimlich, war’s.
2 – 3 Stunden lang, jetzt scheint es abzuziehen – aber das habe ich vorhin schon einmal gedacht.

Naja, ich sitze relativ entspannt im Boot und kann mal wieder mein Tagebuch (Blog) schreiben, hetzt mich ja keiner irgendetwas zu tun. Segeln, Einkaufen, Hafenmeister besuchen, Geburtstagskekse essen – alles hat Zeit, ich auch.

Vielleicht haben sich Einige schon gefragt, warum ich so viel Zeit habe – immerhin ein halbes Jahr aus allem ´raus – und einfach unterwegs, weg von zuhause.
Ich habe das Alter, in dem man so etwas machen kann ja eigentlich noch nicht ganz erreicht, obwohl heute mein 63ster ist – aber ich bin ja auch schon eine Weile unterwegs und die Vorbereitungen kosteten auch Zeit.
Geburtstagstisch und "häusliche"Gemütlichkeit,
draußen ist es nass, "nur" 21 Grad und stürmisch.


Ich wurde auf eigenen Wunsch mit 61 Jahren pensioniert (Antragsruhestand nennt das der Beamte).
Wieso das geht?

Naja, die Gründe dafür sind nicht ganz so erfreulich – man braucht einen Behindertenausweis, um dann frühestens mit 60 Jahren in den Ruhestand (auf Antrag eben) gehen zu können – ich habe das dann mit 61 Jahren gemacht, also vor etwa 2 Jahren.



So einen Behindertenausweis bekommt man ja auch nicht, weil es einem so gut geht. 

Bei mir lag der Grund darin, dass im Herbst 2008 meine Prostata zu einem “faulen Apfel“ wurde, der  „‘raus musste“, wie sich mein Arzt in der Diako Flensburg (dem ich sehr, sehr dankbar bin) ausdrückte.
Also Krebs – und damit eine auf 5 Jahre begrenzte Behinderung.
Damit keine Missverständnisse aufkommen, mir geht es sehr gut, alles überstanden, toitoitoi – aber ich stand damals vor der Entscheidung, mich vor Ablauf meiner zeitlich begrenzten Behinderung pensionieren zu lassen – oder eben bis 65 weiter im Schuldienst zu arbeiten.

Keine leichte Entscheidung, denn mir hat die Arbeit Spaß gemacht und ich war gerne in der Schule, aber letzten Endes war es ein einfaches Rechenexempel.
Der Unterscheid zwischen der Pension (mit Abschlag für die verfrühte Inanspruchnahme)  und der Pension, die ich mit 65 Jahren erreicht hätte, war so gering, dass ich mich wahrscheinlich immer geärgert hätte, für relativ wenig Geld (den Unterschied meine ich) den ganzen Tag zu arbeiten.

Also, Augen zu, Pension beantragt – und Pläne gemacht, wie es weitergehen soll.
Ich habe es nicht einen Tag bereut, habe die aktive Dienstzeit mit einem sehr guten Gefühl abgeschlossen und mein neues Leben genossen.
Aber irgendwie fehlte mir der besondere Abschluss, mal was Verrücktes machen, Abenteuer, solange es noch geht  - und damit war die Idee geboren, mit dem Boot einmal dahin zu fahren, wo man normalerweise nicht so einfach mit dem eigenen Boot hinkommt.

Die Wahl viel schließlich auf´s Mittelmeer, stellte ich mir schön vor (ist es auch, bis auf heute) und ist auf eine Art zu erreichen, die wenig mit Gefahr zu tun hat, eher mit Durchhaltevermögen und ein bisschen Geduld.

Die Familie (Andrea und die beiden Söhne) wurden vorsichtig und mit großen zeitlichen Vorlauf vorbereitet – und auch wenn sie zu Beginn dachten „der Alte spinnt“, aber nach und nach wurde der Ernst der Idee akzeptiert und inzwischen sind alle drei in Gedanken mit auf der Reise  - und planen mich unterwegs (auf Teilstrecken) zu besuchen.

Ob die ganze Sache etwas mit meiner überstandenen Krankheit zu tun hat, kann ich nicht sagen – jedenfalls nicht nach dem Motto „noch ein letztes Mal …“, das ganz und gar nicht – ich habe einfach Lust auf ein Abenteuer und die Zeit und die Unterstützung von zuhause – thx.

Und wer weiß - ohne die Krankheit und ohne die Pensionierung mit 61, zweifelhaft, ob ich so etwas mit dann mehr als 65 Jahren geplant und durchgezogen hätte – bin ja schließlich kein Wilfried Erdmann, den ich ausdrücklich bewundere.

Damit ist auch verständlich, dass ich im Herbst zurück in Flensburg sein will – auf fast der gleichen Strecke – ein Abenteuer, aber zeitlich begrenzt – und kein „Aussteigen“ aus was und wem auch immer – im Gegenteil, ich schätze mein gewohntes (auch nicht langweiliges) Leben in Flensburg, an der schönsten Förde, sehr.

So, genug Seelenstriptease – Thor ist inzwischen wohl etwas weiter weggezogen – es regnet aber immer noch, aber das Grollen ist meistens (gerade eben nicht) eher in der Ferne zu hören.

Vom Hafen von Gruissan kann ich noch Nichts berichten, ich komme ja nicht ´raus aus meiner Höhle.
Morgen soll das Wetter aber besser werden, so dass ich einen Hafen weiter in Richtung Barcelona segeln werde (Wetterbericht von heute Abend als „gut“ vorausgesetzt).

Mal sehen, was meine sehr netten Bootsnachbarn aus Norwegen planen – das junge Paar ist seit einem Jahr unterwegs, von Norwegen über die Kanäle und die Donau bis nach Istanbul, von dort über Griechenland und Italien bis hier – alle Achtung.
Das Boot, nicht größer als Meins, aber älter.

Ihr Ziel ist zunächst auch Mallorca, wie sie mit gestern bei einem Glas Lidl-Wein erzählt haben – von dort soll es aber weiter gehen, Richtung Westen – Ende offen.
Ein ganz anderer Reiseplan als meiner, eben ohne Endpunkt geplant – aber bewundernswert und auch irgendwie sehr mutig.
Man trifft auf so einer Reise schon interessante Leute, auch das macht das Erlebnis schön.
Na also, Besserung in Sicht, die Sonne ist aber noch weit weg - hoffe auf morgen.

Falls ich heute noch mal `raus komme aus meinem gemütlichen Boot, werde ich ein paar Fotos von Gruissan nachreichen, falls nicht, bleibt der Ort in Erinnerung als Thor's Spielwiese, auf der er mit seinem Hammer gewütet hat – aber zum Glück nichts Schlimmes angerichtet hat.

Es hat geklappt, im Nieselregen losgegangen, bei "heiter-bis-wolkig" zurück - weiter so!
Die Kneipenstrasse - einheitliche Bebauung, bisschen steril.




Es klart auf, ab und zu ist dieSonne zu sehen,
ich traue dem Frieden aber noch nicht, abends werden alle Wetterbericht geguckt - und der Beste 'rausgesucht...
Fischer gibt es auch hier, der Hafen ist ziemlich groß
Wir sind im Süden - Palmen beherrschen die Promenade




Der Weg zum Boot ... was man nicht sieht, die Palmen stehen im Wasser, das reicht für Monate.
Die Boote werden größer und schicker und teurer



Links:
Vorbereitungen zum Geburts-tagsessen, alles von Lidl-Feinkost.


Rechts: Fertig, guten Appetit.




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