Samstag, 13. Juni 2015

Die Geheimnisse der Navigation, Naomi und der letzte Hafen in Frankreich, 59. Tag



Das Wetter hat sich beruhigt heute am 13.6., und beide Wetterberichte, die ich zu Rate gezogen habe (wetteronline und meteo france) sagen dasselbe, Winde um SE, Stärke 2 -4 Beaufort.
Dazu leichte Bewölkung, allerdings nachmittags eventuell Gewitter.
 
Blick zurück nach Gruissan, jetzt friedlich.
Also keine Zeit verlieren und um 7:00 Uhr auslaufen, Schlüssel für die Toilette hatte ich schon gestern Abend abgegeben und meine Bootspapiere wiederbekommen, die ich als Schlüsselpfand im Büro lassen musste. Außerdem ging das Auschecken relativ flott, anderes Personal …





 
Ausfahrt auf´s Mittelmeer

Bezahlen musste ich auch, pro Übernachtung 23 Euro.
Also so teuer, wie es bisher immer kolportiert wurde war das bisher nicht in Frankreich.
In Sonderburg zahlt man auch schon fast 30 Euro, glaube ich mich zu erinnern.
In Spanien wird es teurer werden, mal sehen, aber die wollen ja auch im Euroraum bleiben – da zahle ich doch gerne.





Also um 7:00 Uhr los, zunächst durch den geschützten Vorhafenbereich, keine Wellen, aber ich sehe schon, dass über die Mole ab und zu die Brandung schlägt.
Hoch die Lappen!
  

Der Wind ist nicht stark, so wie angesagt, aber die „alte See“ von gestern steht noch, und da sind einige „Roller“ dabei.
Wir segeln aus dem geschützten Bereich heraus – und siehe da, schlimm ist es nicht, gar nicht.







 Die Wellen sind zwar so zwischen 1,5 und 2 Meter hoch, aber länger als in der Ostsee.
Allegro passt das prima dazwischen, vielleicht ist es mit einem größeren Boot  schwieriger, weil dann die Wellen relativ kürzer sind – Allegro ist also so etwas wie das Folkeboot (das prima in die Ostseewelle passt) des Mittelmeeres – es passt, bisher jedenfalls.

Da zum Nachmittag Gewitter möglich sind, will ich keine Zeit verlieren und muss deshalb immer mal wieder den Motor zu Hilfe nehmen, wenn der Wind auf 2 Beaufort abflaut, bei 4 sind wir schnell genug – also mal wird „dänisch“ gesegelt (Motor an und Segel oben), mal „normal“ und das alles in Fronkraisch.
 
Über'm Land wolken, über'm Meer, fast keine





In der Schule verboten, Spicker









Die Navigation ist eigentlich kein Problem, aber zur Sicherheit und um nicht immer wieder auf die Karte gucken zu müssen (oder in’s Ipad),  habe ich mir einen kleinen Spickzettel gemacht, damit ich checken kann, ob ich richtig unterwegs bin.
Es geht immer nach Süden, parallel zur Küste, aber etwa 3 – 4 Meilen draußen, auf einer Tiefe von 30 – 50 Metern.



Einfach, aber man wird doch unsicher, wenn der Hafen in Sicht kommen sollte und man außer einer felsigen Küste gar nichts erkennen kann. Etwa eine Stunde vor dem Zielhafen fahren wir mit 6 Knoten auf die felsige Küste zu, ich versuche die Hafeneinfahrt auszumachen (das versucht man immer, einfach immer, viel zu früh), kann aber nichts erkennen.
Die Einfahrt ist befeuert, aber es ist Tag, also kein Licht an, sie ist 250 Meter breit, das ist nicht viel vom Weiten aus gesehen  und links und rechts ist eine felsige Steilküste.

Muffen? Come on!
Aber doch, man wird nervös, der Spickzettel wird wieder und wieder kontrolliert - alles ok., Kurs und Distanz stimmen, die Karte und die elektronische Karte werden zu Rate gezogen – aber, man will die Einfahrt doch mit eigenen Augen sehen – und das dauert…


Aber dann endlich, kann ich die beiden Leuchtfeuer sehen, die nicht an sind und muss kein bisschen den Kurs korrigieren, na klar, hätten wir auch blind getroffen (Angeber!).
Wir fahren in die Bucht ein, Segel ´runter, Fender `raus und an einem Schimmsteg in der Nähe der Capitainerie angelegt.
Papiere mitnehmen und einchecken – wieder dieselbe Prozedur, diesmal aber in 10 Minuten – geht also.
Blick vom Park von Vendres

Andere Hafenseite


Wie schon gestern wurde ich auch von einem anderen Segler oder Bootfahrer gefragt, ob draußen hohe Wellen seien – scheinen alle Respekt davor zu haben, ich habe wahrheitsgemäß berichtet – und nicht nur „come on!“ gesagt, was mir auf der Zunge lag.

Ich kann auf dem Platz liegenbleiben, ganz außen, mit Blick auf die „Stadt“ und die dahinter liegenden, ziemlich hohen Berge.



Vendres, so heißt der Hafen, ist eine Grenzstadt, mein letzter Hafen in Frankreich – und es sieht schön aus hier. De Hafen liegt malerisch in einem Taleinschnitt, die Ufer, an denen ich nicht zerschellt bin, waren ja auch felsig – und das hier etwas zu erleben ist, zeigt sich auch an den Taucherbooten, die voll beladen mit Tauchsportlern an eben diese Felsenküste fahren und genau hinter Allegro anlegen.

Außerdem liegt hier noch eine andere Yacht, gleich neben Allegro, Name des Bootchens ist „Silver Angel “ aus Douglas.
Vorne: Schönes Boot, hinten:geht so.

Von dem Preis für das da hinten, könnte ich 1400
Stück von dem da vorne kaufen.
Das wären mehr Dehler 32 als je gebaut wurden, boah ey.
Ich werde vielleicht mal `rüber gehen nachher und den Besitzer zu meinen berühmten Bratkartoffeln einladen – so unter Bootseignern, unter Gleichgesinnten, ein bisschen plaudern.

Leider läuft Silver Angel dann aus, vier Mann lösen die Leinen und kommunizieren dabei mit ihren walkie-talkies – sonst bräuchten sie auch jeder ein Powermegafon – das örtliche Lotsenboot lotst den Kahn dann aus der Bucht – wie gesagt, der Eingang ist nur 250 Meter breit.
 
Kurz gegoogelt, Naomi Campell fährt da manchmal mit, das Boot soll fast 70 Millionen Euro gekostet haben und schon den Besitzer gewechselt haben, der erste war wohl ein russischer Bootchenfahrer.


Wer mehr wissen will: http://teureyacht.de/2009/04/23/silver-angel-yacht-fur-685-millionen-euro/
Scheint jetzt verchartert zu werden, na, vielleicht im nächsten Jahr… kostet 350 000 englische Pfund, pro Woche.

 

Also keinen Besuch zu den Bratkartoffeln – stattdessen unternehme ich vor der Dusche einen kleinen Stadtrundgang. Wobei „klein“ die Sache wirklich trifft, denn ich bin nach 30 Minuten fertig.
Boulespieler im Park





Hübsches Städtchen, mit einem guten Supermarkt, direkt am Hafen, 6 – 8 Eisläden und mindestens 40 Restaurants und Bars, alles um den Hafen versammelt.
Jetzt ist noch nichts los, vielleicht am Abend.



Vom Hafen aus geht´s sofort nach oben

 
Bar an Kneipe an Restaurant




Ein sehr schöner Platz, auch, um ohne Naomi Campell meine Bratkartoffeln zu mampfen.

Blick nach hinten, direkt auf die Hafenhäuser in 50 Metern Entfernung, nach links auf die Berge, nach rechts auf die Ausfahrt der Bucht (die man nicht sieht) und nach vorne auf die Kneipen.



War wohl nicht immer so friedlich hier


Wettervorhersage ist ganz gut, morgen werde ich wohl meinen ersten spanischen Hafen ansteuern und dann über die Preise staunen – aber was ist das schon, ist doch egal!
Immer an Silver Angel und Naomi denken, dann wird alles relativ.








Noch ein kleiner Nachtrag zu den nicht ganz ernst gemeinten „Geheimnissen der Navigation“, der Spickzettel ersetzt natürlich nicht die übliche Vorsicht und Umsicht, auch Seemannschaft genannt – dazu ziehe ich auch den neusten Blogmarine zu Rate - habe ich hier gekauft, ein Buch, so ähnlich wie die Hafenhandbücher für Dänemark, die es in dänischen und deutschen Häfen umsonst gibt.
Schöne Aussicht


Blogmarine ist aber sozusagen das Standardwerk, enthalten sind alle Mittelmeerhäfen, mit Hafenplänen, Angaben zur Tiefe usw., mit Übersichtskarten und allerhand nützlichen Informationen. Finanziert sich zwar auch unter Mithilfe von Werbung, kostet aber 27 Euro.
Auf keinen Fall zu viel für so einen Wälzer, 860 Seiten – ich frage mich, ob Naomi auch manchmal darin blättert.

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