Warum stehe ich eigentlich
immer so früh auf? Soll doch Urlaub sein!
Ich bin meistens
schon spätestens um 7:00 auf dem Wasser unterwegs, damit ich einigermaßen
rechtzeitig in den nächsten Hafen komme, den ich mir meistens vorher schon
ausgesucht habe (siehe oben, die Planung!).
Ich bin nämlich
auch gerne im Hafen und habe dort auch immer eine ganze Menge zu tun, Boot
versorgen, Aufräumen, Duschen, Essen, Fotos und Filme auf die Festplatte kopieren,
Lesen – ja das kommt immer zu kurz -, Vorbereitung für den nächsten Tag mit
Karten, Handbüchern, eventuell Internet, zwischendurch whatsapp Nachrichten
schreiben und das Tagebuch schreiben, also bloggen.
Wenn man dann
erst um 18:00, 19:00 Uhr im Hafen ist, kommt irgendetwas zu kurz.
Aber manchmal
geht es nicht anders, so wie heute, als ich mich um 6:45 auf den Rhein, den „Vater
Rhein“ hinauswage.
Der Rhein hat
schon etwas mystisches, alleine schon durch die Verbindung mit der
Nibelungensage, mit Siegfried, den Burgundern, Hagen von Tronje und Kriemhild
und dem Nibelungenschatz natürlich.
... und nach Süden |
Rees - am Rhein |
Für mich zeigt er
sich eher ganz praktisch – ich hatte vorher die wildesten Befürchtungen über
ein Wildwasser ähnliches Gewässer mit Berufsschifffahrt, dem die kleine Allegro
samt Besatzung hilflos ausgeliefert ist.
Es ist nicht so
(zum Glück), aber es ist auch sehr abwechslungsreich unterwegs. Die Frachter
(größer und schneller als in den Kanälen) machen schon ganz gute Wellen,
außerdem kommt noch hinzu, dass der Wind ziemlich stark aus Westen weht, wenn
der Rhein sich nach Westen schlängelt,
steht also Wind gegen Strömung und es wird kabbelig. Zwischendurch ist es aber
auch immer wieder ganz ruhig und das Beste: Vater Rhein schiebt mit ungefähr 3 Knoten.
Den
Nibelungenschatz habe ich leider nicht gefunden, aber der soll ja auch weiter
oben liegen – vielleicht komme ich auf dem Rückweg dort vorbei.
Insgesamt sind die Wellen nicht schlimmer als bei Ostwind auf der Flensburger Förde, Nichts, was einen Ostseesegler schrecken muss.
Alles noch am Platz, trotz Wellen. Müllermilch neu, mit Milch! |
Emmerich? |
Dat is de blaue Schüld, ´ene Jeisterfahrer? |
Etwas ungewohnt –
nach den Kanalerfahrungen – ist das Passieren der Frachter. Normalerweise gilt
Rechtsfahrgebot, wie auf der Straße, auf dem Rhein kommt es aber oft vor, dass auf
einmal ein „Geisterfahrer“ entgegen kommt – und das nicht als kleines
Schiffchen, sondern riesige Frachter.
Des Rätsels
Lösung –die Berufsschifffahrt will der Strömung ausweichen und wählt deshalb
stromaufwärts gerne die Außenseite der Flussbiegung, bei Linkskurven kommt
einem also oft so ein Kaventsmann genau entgegen. Zu erkennen ist das daran,
dass diese „Geisterfahrer“ eine blaue Tafel aufstellen müssen – fast alle
machen das auch.
Für die deutschen
Autobahnen würde ich dieses Verfahren aber nicht empfehlen.
Quer durch Europa
– das habe ich mir vorgenommen und heute bin ich drauf und dran, ins
europäische „Ausland“ zu fahren.
Die Gegend, durch
die ich seit 2- 3 Tagen komme, ist ja so etwas wie die europäische „Keimzelle“.
Hier, im Bereich
der Beneluxstaaten und des Ruhrgebiets befand sich während des 2. Weltkrieges und
davor der Schwerpunkt der deutschen Rüstungsindustrie (Kohle und Stahl – heute eher
Chemie und Informatik).
Diese
Rüstungsindustrie sollte nie wieder so mächtig und so national werden können,
wie vorher, deshalb wurde 1951 die Montanunion gegründet, die unter anderem
weitgehende Mitbestimmungsregeln enthielt, weil man glaubte, dass bei wirksamer
Mitbestimmung der Arbeitnehmer weniger “Kriegsindustrie“ entstehen würde.
(Fiese
Nebenbemerkung: Fragen wir mal den Chef der Lokführergewerkschaft, Weselsky).
Außerdem war die
Montanunion die erste überstaatliche (supranationale) Organisation überhaupt.
Daraus wurde dann
die EWG (nicht die Sendung „Einer-wird-gewinnen“ mit Kuhlenkampff), danach die
EG, bis zur EU mit gemeinsamer Währung, jetzt auf dem Weg zur Transferunion –
oder doch nicht?
Schwimmende Bettenburg |
Gastflagge gesetzt,gehört sich so. |
Naja, wenn man
quer durch unser Europa fährt, kann etwas Geschichte nicht schaden – und ich
profitiere als kleiner Urlaubsreisender enorm von der Entwicklung seit 1951.
Ich habe überall dieselbe
Währung, ich fahre einfach so in fremde Länder, die Schleusen (auch die in
Holland) sind von EU-Steuergeldern bezahlt und öffnen fast sofort, wenn ich
mich per Funk melde. Ich finde das toll – und gar nicht selbstverständlich und
habe das Gefühl, Steuern gut angelegt zu haben – das ist doch ein toller
Nebeneffekt.
Kurz vor der
holländischen Grenze noch ein Erlebnis der besonderen Art (nubig würden meine
Jungs sagen), ich gucke auf die roten Fahrwasserbegrenzungen und sehe – ja doch
– einen Bundesadler oben ´drauf. Nett, denke ich, die erste rote Tonne in Deutschland
ist mit einem Bundesadler verziert, wie originell.
Doch kein Bundesadler - er zeigt sein wahres Ich. |
Doch dann bewegt
sich das Ding, häääää, - es ist ein Kormoran, als Bundesadler verkleidet, der
sein Gefieder trocknet – jetzt aber schnell noch einen Schluck Selter trinken.
Gegen 12:00 Uhr
bin ich dann schon in Nijmegen und biege vom Rhein, der hier übrigens Waal
heißt, links in den Maas-Waal-Kanaal ab.
Schleuse geht
ruck-zuck, bergauf, mag ich eigentlich lieber.
Da liegen die Bettenburgen |
Aha. |
Dann in den Kanaal, der auch ganz nett ist, aber auf die Dauer eher ein bisschen langweilig, ist aber nur kurz, bald geht es in die Maas. Davor noch die Schleuse Heumen, die aber einfach so offen daliegt.
Offene Schleuse in Holland, ruck zuck - bin durch. |
Kann ich da so
durch – einfach so? So richtig habe ich dem Frieden nicht getraut, aber dann doch,
ganz langsam, einfach durch und gut ist.
Die Maas, ein
Fluss, der mich mit etwa einem Knoten Gegenstrom empfängt und damit meinen
Durchschnitt von etwa 5 Knoten (alles über Grund, also SOG) etwas nach unten
drückt.
Ich habe mir auf
die Empfehlung eines netten Motorbootfahrer Ehepaares aus Wesel den Hafen Plasmolen
als Ziel gesetzt, ein Blick in die Karte des sehr guten ANWB Wateratlas‘, lässt
mich allerding ein wenig stutzen: Tiefe der Zufahrt 1,50 Meter, Höhe der zu
passierenden Brücke 1,00 Meter. Guter Tipp aus Wesel, war aber nett gemeint.
Also weiter bis ´t
Leuken.
Auch die Maas ist
nicht gerade der Aufreger, - landschaftlich schön, aber ein bisschen lahm –
denke ich gerade, träume so vor mich hin und suche im Handy ein freies WLAN, wenn
ich an einem Ort vorbei komme (clever, was?) , als es RUMMST.
Langweilige Maas?
Für Abwechslung ist also gesorgt, Nervenkitzel bis in die Fussnägel – Schreck –
wieder ein Ast oder so etwas in die Schraube bekommen – aber nichts zu
erkennen.
Leerlauf, kurz
rückwärts – alles o.k., also weiter.
WLAN suche ich
jetzt besser im nächsten Hafen – oder noch besser, ich buche ´ne EU-Flat dazu.
Nach
zwischenzeitlichem Schleusenkino eines deutschen Paares in der Schleuse Sambeck
(5 Meter zu Berg) – ist wie Hafenkino im Yachthafen, anderen zugucken eben – wo sie auf dem Vorschiff Mühe mit den Leinen
hatte und er von hinten „kommentierte“, wird es Zeit für den Feierabend.
Gegen 19:00 komme
ich dann im Hafen an, nach etwa 12 Stunden, 62 Meilen (etwa 115 km) – der
bisher längste Tag und die weiteste Strecke – Vater Rhein hat aber auch
geschoben.
Der Hafen ´t
Leuken liegt landschaftlich wunderschön, sehr geschützt.
Der Hafenmeister
ist über eine Art Gegensprechanlage zu erreichen, als ich dort an frage, wie
das WLAN-Passwort lautet, ist er ziemlich aufgeregt und redet etwas von
Brotzeit, so spät usw., da alles holländisch ist, bekomme ich vielleicht nicht
alles mit.
Ich habe ihn aber
wohl beim Abendbrot gestört – aber bezahlen könne ich im Restaurant.
Nebenbei, Arjen
Robben mag‘ ich aber…
Diesel habe ich noch
genug, dafür ist es hier natürlich auch zu spät.
Dabei fällt mir
die Frage von Blogleserin Silja aus Flensburg ein, die fragt, wieso die
Tankstellen an den Kanälen so weit weg sind von den Häfen – wo doch Kanalfahrer
Motorbootfahrer sind – da müssten sich doch Tankstellen in Hafennähe lohnen.
Da stimmt schon,
aber die Häfen an den Kanälen sind oft sehr klein (10 – 20 Boote) und man legt
den Schwerpunkt hier eher auf einen Hafen im Grünen, weit weg von allem – ganz anders
als z.B. in Dänemark, wo man ja oft fast am Brugsen Supermarkt festmacht.
In den größeren Hafen,
wie Wesel, gibt es dann auch oft Diesel, allerdings muss man meist den Tankwart
per Handy herbei telefonieren , dann anlegen, ablegen, es ist teurer und ich bin
mir nicht sicher, ob die Tanks immer so sauber sind, wie an den Straßentankstellen
– besseres Gefühl einfach, deswegen latsche ich schon mal zu Aral, Shell oder
Esso.
Schöne Grüße nach
Flensburg.
Morgen geht’s zu
einem Hafen mit WLAN (wo ich eigentlich jetzt schon bin und dies hier hochlade),
nicht so weit
(Venlo), auch wegen Wettervorhersage.
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