Dienstag, 5. Mai 2015

Warum ist es am Rhein so schön … Geisterfahrer und Vieles mehr, 19. Tag



Warum stehe ich eigentlich immer so früh auf? Soll doch Urlaub sein!

Ich bin meistens schon spätestens um 7:00 auf dem Wasser unterwegs, damit ich einigermaßen rechtzeitig in den nächsten Hafen komme, den ich mir meistens vorher schon ausgesucht habe (siehe oben, die Planung!).

Ich bin nämlich auch gerne im Hafen und habe dort auch immer eine ganze Menge zu tun, Boot versorgen, Aufräumen, Duschen, Essen, Fotos und Filme auf die Festplatte kopieren, Lesen – ja das kommt immer zu kurz -, Vorbereitung für den nächsten Tag mit Karten, Handbüchern, eventuell Internet, zwischendurch whatsapp Nachrichten schreiben und das Tagebuch schreiben, also bloggen.
Wenn man dann erst um 18:00, 19:00 Uhr im Hafen ist, kommt irgendetwas zu kurz.
 
Vadder Rhein - Blick nach Norden



Aber manchmal geht es nicht anders, so wie heute, als ich mich um 6:45 auf den Rhein, den „Vater Rhein“ hinauswage.
Der Rhein hat schon etwas mystisches, alleine schon durch die Verbindung mit der Nibelungensage, mit Siegfried, den Burgundern, Hagen von Tronje und Kriemhild und dem Nibelungenschatz natürlich.


... und nach Süden


Rees - am Rhein


Für mich zeigt er sich eher ganz praktisch – ich hatte vorher die wildesten Befürchtungen über ein Wildwasser ähnliches Gewässer mit Berufsschifffahrt, dem die kleine Allegro samt Besatzung hilflos ausgeliefert ist.
Es ist nicht so (zum Glück), aber es ist auch sehr abwechslungsreich unterwegs. Die Frachter (größer und schneller als in den Kanälen) machen schon ganz gute Wellen, außerdem kommt noch hinzu, dass der Wind ziemlich stark aus Westen weht, wenn der Rhein sich  nach Westen schlängelt, steht also Wind gegen Strömung und es wird kabbelig. Zwischendurch ist es aber auch immer wieder ganz ruhig und das Beste: Vater Rhein schiebt mit  ungefähr 3 Knoten.
Den Nibelungenschatz habe ich leider nicht gefunden, aber der soll ja auch weiter oben liegen – vielleicht komme ich auf dem Rückweg dort vorbei.
 
Ex-Industrie, ein Freizeitpark









Insgesamt sind die Wellen nicht schlimmer als bei Ostwind auf der Flensburger Förde, Nichts, was einen Ostseesegler schrecken muss.
Alles noch am Platz, trotz Wellen. Müllermilch neu, mit Milch!

Emmerich?

Dat is de blaue Schüld, ´ene Jeisterfahrer?


Etwas ungewohnt – nach den Kanalerfahrungen – ist das Passieren der Frachter. Normalerweise gilt Rechtsfahrgebot, wie auf der Straße, auf dem Rhein kommt es aber oft vor, dass auf einmal ein „Geisterfahrer“ entgegen kommt – und das nicht als kleines Schiffchen, sondern riesige Frachter.





Des Rätsels Lösung –die Berufsschifffahrt will der Strömung ausweichen und wählt deshalb stromaufwärts gerne die Außenseite der Flussbiegung, bei Linkskurven kommt einem also oft so ein Kaventsmann genau entgegen. Zu erkennen ist das daran, dass diese „Geisterfahrer“ eine blaue Tafel aufstellen müssen – fast alle machen das auch.

Für die deutschen Autobahnen würde ich dieses Verfahren aber nicht empfehlen.



Quer durch Europa – das habe ich mir vorgenommen und heute bin ich drauf und dran, ins europäische „Ausland“ zu fahren.
Die Gegend, durch die ich seit 2- 3 Tagen komme, ist ja so etwas wie die europäische „Keimzelle“.

Hier, im Bereich der Beneluxstaaten und des Ruhrgebiets befand sich während des 2. Weltkrieges und davor der Schwerpunkt der deutschen Rüstungsindustrie (Kohle und Stahl – heute eher Chemie und Informatik).
Diese Rüstungsindustrie sollte nie wieder so mächtig und so national werden können, wie vorher, deshalb wurde 1951 die Montanunion gegründet, die unter anderem weitgehende Mitbestimmungsregeln enthielt, weil man glaubte, dass bei wirksamer Mitbestimmung der Arbeitnehmer weniger “Kriegsindustrie“ entstehen würde.
(Fiese Nebenbemerkung: Fragen wir mal den Chef der Lokführergewerkschaft, Weselsky).

Außerdem war die Montanunion die erste überstaatliche (supranationale) Organisation überhaupt.
Daraus wurde dann die EWG (nicht die Sendung „Einer-wird-gewinnen“ mit Kuhlenkampff), danach die EG, bis zur EU mit gemeinsamer Währung, jetzt auf dem Weg zur Transferunion – oder doch nicht?
 
Ein Großer

Schwimmende Bettenburg

Gastflagge gesetzt,gehört sich so.

Naja, wenn man quer durch unser Europa fährt, kann etwas Geschichte nicht schaden – und ich profitiere als kleiner Urlaubsreisender enorm von der Entwicklung seit 1951.
Ich habe überall dieselbe Währung, ich fahre einfach so in fremde Länder, die Schleusen (auch die in Holland) sind von EU-Steuergeldern bezahlt und öffnen fast sofort, wenn ich mich per Funk melde. Ich finde das toll – und gar nicht selbstverständlich und habe das Gefühl, Steuern gut angelegt zu haben – das ist doch ein toller Nebeneffekt.

Kurz vor der holländischen Grenze noch ein Erlebnis der besonderen Art (nubig würden meine Jungs sagen), ich gucke auf die roten Fahrwasserbegrenzungen und sehe – ja doch – einen Bundesadler oben ´drauf. Nett, denke ich, die erste rote Tonne in Deutschland ist mit einem Bundesadler verziert, wie originell.
Doch kein Bundesadler - er zeigt sein wahres Ich.
Doch dann bewegt sich das Ding, häääää, - es ist ein Kormoran, als Bundesadler verkleidet, der sein Gefieder trocknet – jetzt aber schnell noch einen Schluck Selter trinken.

Gegen 12:00 Uhr bin ich dann schon in Nijmegen und biege vom Rhein, der hier übrigens Waal heißt, links in den Maas-Waal-Kanaal ab.
Schleuse geht ruck-zuck, bergauf, mag ich eigentlich lieber.
 
Nijmegen voraus.

Da liegen die Bettenburgen

Aha.


Dann in den Kanaal, der auch ganz nett ist, aber auf die Dauer eher ein bisschen langweilig, ist aber nur kurz, bald geht es in die Maas. Davor noch die Schleuse Heumen, die aber einfach so offen daliegt.
Offene Schleuse in Holland, ruck zuck - bin durch.


Kann ich da so durch – einfach so? So richtig habe ich dem Frieden nicht getraut, aber dann doch, ganz langsam, einfach durch und gut ist.
Die Maas, ein Fluss, der mich mit etwa einem Knoten Gegenstrom empfängt und damit meinen Durchschnitt von etwa 5 Knoten (alles über Grund, also SOG) etwas nach unten drückt.

Ich habe mir auf die Empfehlung eines netten Motorbootfahrer Ehepaares aus Wesel den Hafen Plasmolen als Ziel gesetzt, ein Blick in die Karte des sehr guten ANWB Wateratlas‘, lässt mich allerding ein wenig stutzen: Tiefe der Zufahrt 1,50 Meter, Höhe der zu passierenden Brücke 1,00 Meter. Guter Tipp aus Wesel, war aber nett gemeint.

Also weiter bis ´t Leuken.
Auch die Maas ist nicht gerade der Aufreger, - landschaftlich schön, aber ein bisschen lahm – denke ich gerade, träume so vor mich hin und suche im Handy ein freies WLAN, wenn ich an einem Ort vorbei komme (clever, was?) , als es  RUMMST.
 
Kein Netz, aber ein RUMMS, vor Cuijk.
Langweilige Maas? Für Abwechslung ist also gesorgt, Nervenkitzel bis in die Fussnägel – Schreck – wieder ein Ast oder so etwas in die Schraube bekommen – aber nichts zu erkennen.
Leerlauf, kurz rückwärts – alles o.k., also weiter.
WLAN suche ich jetzt besser im nächsten Hafen – oder noch besser, ich buche ´ne EU-Flat dazu.




Nach zwischenzeitlichem Schleusenkino eines deutschen Paares in der Schleuse Sambeck (5 Meter zu Berg) – ist wie Hafenkino im Yachthafen, anderen zugucken eben –  wo sie auf dem Vorschiff Mühe mit den Leinen hatte und er von hinten „kommentierte“, wird es Zeit für den Feierabend.
 
Ferienhäuser mit Bootsparkplatz
Gegen 19:00 komme ich dann im Hafen an, nach etwa 12 Stunden, 62 Meilen (etwa 115 km) – der bisher längste Tag und die weiteste Strecke – Vater Rhein hat aber auch geschoben.

Der Hafen ´t Leuken liegt landschaftlich wunderschön, sehr geschützt.
Der Hafenmeister ist über eine Art Gegensprechanlage zu erreichen, als ich dort an frage, wie das WLAN-Passwort lautet, ist er ziemlich aufgeregt und redet etwas von Brotzeit, so spät usw., da alles holländisch ist, bekomme ich vielleicht nicht alles mit.
Ich habe ihn aber wohl beim Abendbrot gestört – aber bezahlen könne ich im Restaurant.
Nebenbei, Arjen Robben mag‘ ich aber…

Diesel habe ich noch genug, dafür ist es hier natürlich auch zu spät.
Dabei fällt mir die Frage von Blogleserin Silja aus Flensburg ein, die fragt, wieso die Tankstellen an den Kanälen so weit weg sind von den Häfen – wo doch Kanalfahrer Motorbootfahrer sind – da müssten sich doch Tankstellen in Hafennähe lohnen.
Da stimmt schon, aber die Häfen an den Kanälen sind oft sehr klein (10 – 20 Boote) und man legt den Schwerpunkt hier eher auf einen Hafen im Grünen, weit weg von allem – ganz anders als z.B. in Dänemark, wo man ja oft fast am Brugsen Supermarkt festmacht.
In den größeren Hafen, wie Wesel, gibt es dann auch oft Diesel, allerdings muss man meist den Tankwart per Handy herbei telefonieren , dann anlegen, ablegen, es ist teurer und ich bin mir nicht sicher, ob die Tanks immer so sauber sind, wie an den Straßentankstellen – besseres Gefühl einfach, deswegen latsche ich schon mal zu Aral, Shell oder Esso.
Schöne Grüße nach Flensburg.

Morgen geht’s zu einem Hafen mit WLAN (wo ich eigentlich jetzt schon bin und dies hier hochlade),
nicht so weit (Venlo), auch wegen Wettervorhersage.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen