Mittwoch, 20. Mai 2015

Waldspaziergang per Boot, bergauf, bergab und die Flaggen, die man so zeigt, 35. Tag



Heute (20.5.) wurde ich vom prasselnden Regen geweckt, bevor der Wecker um 7:30 Uhr klingelte – also nochmal umdrehen und hoffen, dass es aufhört.

Und das tat es, kurz nach dem Klingeln – also doch Aufstehen.

Überhaupt hatte ich bisher (außer der Kälte zu Anfang) wohl ziemliches Glück mit dem Wetter, wenn ich zum Beispiel den Reisebericht von Merger mit meinen Erlebnissen vergleiche, ein paar Schauer, das war’s.
Da stecken ein paar Schauer `drin, einmal sogar Hagel, nur kurz.

Den Merger-Bericht lese ich oft beim Frühstück, um mal herauszufinden, was mich wohl erwartet – und – witzig - heute Morgen sehe ich auf dem Bildschirm genau das Motiv, das ich vom Liegeplatz gestern Abend in Richardmenil fotografiert habe (mit Anker im Vordergrund).
Unterschied: die Wiese ist heute nicht gemäht, es liegt ein Deko-Anker am Ufer und der Busch blüht.




Merger hat also vor ein paar Jahren genau hier gelegen. Der Liegeplatz war übrigens ziemlich voll, sieben Schiffe, alles große Motorboote , aber trotzdem kein Schwell, ruhige Nacht – denn nach 18:00 Uhr kann ja keiner mehr kommen – die Schleusen sind zu.
Preis = Null, keiner wollte mein Geld.

Mein europäischer Konvoi-Kumpel von gestern will mir heute den Vortritt lassen, er meint, das ist sonst zu anstrengend, immer Leiter hoch und ´runter. Mir ist es recht, obwohl er gestern immer geklettert ist, weil ich gar nicht bis zur Leiter kam – da lag er immer.

Also los um 8:40 Uhr, erste Schleuse passiert um 9:00 Uhr – der frühe Vogel …
Da werden fast die Fender überflüssig, dickes, weiches Moos





Und mein Konvoi-Kumpel hatte recht, die Schleusen im Kanal de Vosges sind für 2 Boote etwas ungeschickt konstruiert.






Blaue `rauf, starten - Rote `runter, Alarm, alles stoppen.
 Die Leitern und die Stangen zu Starten des Schleusungsvorganges sind genau gegenüber und in der Mitte der Schleuse, man müsste also erst zur Leiter, dort provisorisch festmachen, Leiter hoch, Leinen mitnehmen, Boot vorziehen, damit der Nächste noch Platz hat, Boot festmachen. Warten, bis der Nächste fest ist (wird schwer, eventuell muss der auch die Leiter hoch und das Boot zurückziehen), dann die blaue Stange anheben, um die Schleuse zurück auf die andere Seite zum Boot laufen und schnell wieder `runter zum Boot, ehe die Schleusung beginnt. 

Wäre großer Mist.

Meine „freelancer“ Schleusentechnik funktioniert ohne Kletterei, ich mache direkt an der blauen Stange fest (nicht an der roten, um nicht aus Versehen den Alarm auszulösen) und lasse mich nach oben schleusen – ganz ohne Kletterei, geht aber nur, wenn ich alleine in der Schleuse bin, weil ich komplett in der Mitte liege und vor und hinter mir keines von diesen dicken Motorbooten Platz hätte.
Klappte heute bei 15 Schleusen prima, kleines Ärgernis am Rande:
Bei der ersten Schleuse war die blaue Stange rechts (stb), bei der zweiten links (bb), bei der dritten rechts und aber der 4. dann immer links – bis auf die Nummer 14 und 15, da war sie wieder rechts.

Ob die das mit Absicht so gebaut haben? Für mich heißt das immer kurz vor der Schleuse (vorher sieht man das nicht), die großen Kugelfender auf die andere Seite zu hängen. Gymnastikprogramm für Pensioäre, von der VNF organisiert?
Honi soit qui mal y pense – glauben wir mal das Beste.

Zwischen den Schleusen – wie auf einem Waldspaziergang per Boot – Vogelgezwitscher übertönt fast das beruhigende Brummen des Motors, die Fotos geben nur einen kleinen Ausschnitt wieder – muss man erlebt haben.
 
...und man muss nicht Laufen ...



... wie im Wald, da liegen Äste `rum

Wenn hier ein Großer entgegen kommt - ab ins Gebüsch.


Nach der 3. Schleuse, überqueren wir die Mosel auf einem Aquädukt, man könnte auch sagen, auf einer Brücke.
Mal über, mal auf der Mosel, was soll das eigentlich? Überhaupt, mal zu Tal (avalant) mal zu Berg (montant), wieso eigentlich?
Der Grund sind die Wasserscheiden, von dort aus fließt das Wasser bergab, mal nach Norden (Rhein, Maas, Mosel), mal nach Süden (Saone, Rhone), dazwischen gibt es Höhenunterschiede, die mit den Schleusen überwunden werden müssen. 

Unten die Mosel ...

... und das zur anderen Seite, die Moselle.

Vor Toul ging es nach unten, bis zur Mosel, dann wieder die Mosel `rauf und jetzt den Canal de Vosges ebenfalls zu Berg, bis die Vogensen überwunden sind (ungefähr 400 Meter hoch geht das), danach (in etwa 2 Tagen, vielleicht auch nur Einer), geht es nur noch bergab bis zum Mittelmeer.





 In Deutschland ging es von Lübeck an immer bergauf, bis Hannover, dann wieder bergab bis zum Rhein (vielleicht war auch noch einmal bergauf dazwischen, weiß ich gar nicht mehr), ab Rhein immer bergauf, bis eben Toul.
Es sind ja verschiedene Flüsse, die durch die Kanäle verbunden werden – und den Höhenunterscheid gleichen dann die Schleusen aus – oder das Schiffshebewerk Lüneburg, mit imponierenden 38 Metern nach oben, oder ein Tunnel wird durch einen Berg geführt, damit man keine Schleusen über den Berg bauen muss.


Unterwegs treffe ich immer mehr auf ein internationales Völkchen, natürlich viele Franzosen und Belgier, aber auch viele Englischsprachige, bei denen man manchmal gar nicht weiß, woher sie kommen.
Normalerweise gibt die Heckflagge am Boot darüber Auskunft, aber auch da gibt es hier Varianten, die mit den guten alten Yachtgebräuchen wenig zu tun haben.
Um alle Yachtleser zu beruhigen, bei mir läuft alles korrekt, Heckflagge(„Adenauer“), steuerbord Gastflagge Frankreich und backbord Vereinswimpel SVF.

Gesehen habe ich blaue Flaggen mit vielen Sternen kreisförmig angeordnet (Europa), aber könnte auch ein leitender Angestellter der EZB gewesen sein.
Eine tibetanische Flagge sollte wohl den Yachteigner als 100%igen Gut-Menschen ausweisen - wer´s nötig hat – meinetwegen.
Allerdings erleichtert es die Sache doch etwas, wenn man eine ungefähre Vorstellung hat, auf welche Sprache der andere wohl am besten reagiert – die Bräuche haben eben auch einen Sinn.

Hier im Hafen von Charmes, meinem heutigen Übernachtungsplatz (faszinierend, jeden Tag woanders zu sein)  liegen übrigens 2 Boote mit dänischer Flagge aus Middelfahrt, auf dem Weg nach Norden, da habe ich als Fast-Däne aus Flensburg mal kurz „moinmoin“ gesagt.

Doppelruder, Doppelschwerter, jede Menge Zeug.




Und exotische Boote werden auch schon öfter gesichtet, je weiter ich komme, so wie die Yxlan aus Berlin, aber keiner an Bord.
Reichlich Anker, ziemlich exotisch ...



Morgen habe ich großes vor, einfach so viele Schleusen bis 18:00 Uhr zu schaffen wie möglich, denn ein vernünftiger Hafen ist auf dem Weg nicht zu erkennen – Übernachten in der "Wildnis" wird also morgen auf dem Programm stehen.

Abendessen, wie gestern, war lecker und ist noch was übrig.



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