Toul ist eine
brodelnde Metropole, möchte man meinen, wenn man mit dem Boot ein paar Stunden
weiter fährt und da landet, wo ich jetzt bin.
Doch der Reihe
nach, heute (19.5.) stehen nur 7 Schleusen auf dem Tagesprogramm. Warum?
Nicht weil ich
faul geworden bin, nein, die Strecke zum nächst weiteren Liegeplatz wäre zu
lang und ich würde irgendwo im Niemandsland zwischen zwei Schleusen
übernachten.
Deshalb habe ich
mir den in etwa 5 Stunden erreichbaren Liegeplatz bei Richardménil ausgesucht,
mal sehen, wie das da ist.
Gleich hinter dem
Hafen von Toul, praktisch an der letzten Schwimmbrücke liegt die erste
Schleuse, der Schleusenwärter fragt nach der „destination“ und ist mit Richardménil
einverstanden. „C’est sur“, ist also sicher zu erreichen, Charmes wäre zu weit,
meint er auch. Noch ´ne Schleuse, ´ne Klappbrücke, dann bin ich auf der Mosel,
die hier kanalisiert ist.
Das gefällt mir,
denn es steht kein Strom und es sieht trotzdem so aus wie auf einem großen
Fluss – allerdings gefallen mir die kleinen Kanäle doch besser.
Mit mir zusammen ist
ein belgisches Ehepaar (älter) in Toul aufgebrochen, wir werden alle Schleusen
gemeinsam bewältigen, wir bilden sozusagen einen Konvoi.
Das klappt gut, er ist nur unwesentlich schneller mit seinem Motorboot, vor den Schleusen (er fährt vorsichtig, langsam hinein) bin ich immer wieder ´dran.
Außerdem funkt er
die großen Mosel-Schleusen auf Französisch an, ich höre nur mit, für mich
angenehm, obwohl ich wenig verstehe, aber „Allegrrrooooo“ kommt immer vor.
Zweiter Vorteil, die Brücken hier sind ziemlich flach, er ist höher als ich – wenn er nicht hängen bleibt, komme ich auch durch (laut Handbuch ist immer genügend Platz für mich, aber jeder kennt das, wenn man auf eine Brücke zufährt wir es scheinbar immer flacher).
Wir unterhalten
uns in den Schleusen manchmal kurz, aber ich verstehe in allen Sprachen, die
ich versuche (Französisch, Englisch, Deutsch, Angeliter Platt) fast Nichts von seinen Antworten – vielleicht spricht
er flämisch?
Aber Daumen-Hoch genügt
eigentlich als Kommunikation, wenn es darum geht, ob man fertig zum Schleusen
ist.
Die Schleusen im
Canal de l‘ Est (da kommen wir her) waren schon recht eng (38,50 Meter x 5,20
Meter), aber kuschelig, wenn man alleine schleust.
Heute, zu zweit
ist es ganz schön eng und ich habe den Eindruck, dass die Schleusen nach der Mosel,
auf dem schließenden Canal de Vosges noch kürzer sind.
Die Moselschleusen
dagegen haben XXXL-Maße, 180 Meter x 12 Meter, und etwas über 7 Meter Hub.
Rätsel der Woche: Wie viele Badewannen sind das und die Masterfrage, wie viele
Badewannen sind das, wenn wir drei Moselschleusen passieren. Das tun wir
nämlich, der Belgier und ich, und wir verschwinden fast in den XXXL-Schleusen.
Auf der Strecke kommen wir kurz (etwa 15 Minuten) durch Neuves-Maisons (ich habe nicht gezählt, aber schienen mir ein paarmehr zu sein) – kurze Abwechslung, hier war früher die Stahlindustrie zuhause, jetzt wird anscheinend mehr Schrott verarbeitet und über die Mosel zum Rhein und dann weiter transportiert.
Nach 15 Minuten
wieder die Einsamkeit Europas!
Auf meiner Tour quer durch Europa hätte ich so viel fast unberührte Natur nicht erwartet, manche Gegenden kommen einem wirklich „ganz weit weg“ vor, dabei sind es von hier nach Nancy nur knapp 20 Kilometer. Und laut meinem Reiseführer, „Die Binnengewässer Frankreichs“, soll es noch einsamer werden.
Naja, macht Nichts,
obwohl ich manchmal an „walking dead“ (prämierte amerikanische Fernsehserie,
nur falls jemand das nicht kennt) erinnert werde. Man reist durch einsame Landschaften,
sieht nichts und niemanden (außer Natur) und wenn es langweilig wird, kommen
ein paar Zombies um die Ecke.
Also, um das
klarzustellen, mir gefällt’s hier sehr – und Zombies gibt’s hier wirklich
nicht.
Noch drei kleine
Schleusen, wieder mit neuer Fernbedienung (die alte habe ich vor Toul abgegeben
, die Neue in der letzten Moselschleuse bekommen) und unser Zweier-Konvoi
erreicht Richardménil.
Es ist nur ein
Anleger an der Kanalseite, aber soll Strom und Wasser haben (Internet, sicher
nicht).
Ich lege an, das
heißt fast, denn vorher stecke ich im Schlamm fest.
Macht nichts, so werden die Fender geschont, an Land ist es nur ein großer Schritt.
Richardménil - idyllisch,Strom hinterm weißen Busch versteckt. |
Macht nichts, so werden die Fender geschont, an Land ist es nur ein großer Schritt.
Mein belgischer
Partner kommt schon an und fragt, ob ich „electricité“ habe. Neee, Landstrom
funktioniert bei mir auch nicht.
20 Minuten
später, entdecke ich von der Fußgängerbrücke – auf die man hier stolz ist –
einen im tiefen Gras versteckten Sicherungskasten.
Ich mache mich an die Untersuchung, der Belgier kommt dazu und mit vereinten europäischen Kräften schaffen wir es, unsere Boote mit 220 Volt zu versorgen – prima.
Ich mache mich an die Untersuchung, der Belgier kommt dazu und mit vereinten europäischen Kräften schaffen wir es, unsere Boote mit 220 Volt zu versorgen – prima.
Die Brücke (Passerelle) auf der Schautafel am Anleger... |
Richardménil ist doch nicht so schlecht wie ich zuerst dachte und gemeinerweise schon auf Richard-Debil umtaufen wollte.
... und in "echt" hinter Allegro |
Laut Schautafel
gibt es hier 2 Ruinen (eine ganz alte und eine aus dem 2. Weltkrieg), von
beiden wenig zu sehen - und eben besagte Fußgängerbrücke.
Inzwischen liegen mit mir hier 4 große Motorboote, wegen der Lage zwischen den erreichbaren Häfen, scheint dies wirklich ein beliebter Platz zu sein.
Aber zum Kassieren kommt keiner...
Blick von der "Passerelle Mangin". |
Heute Abend gibt es übrigens Bratkartoffeln mit Schinkenwürfeln aus Dun sur Meuse und dazu Spiegeleier vom Schleusenwärter:
„Des Pommes de
Dun sur Meuse avec Jambon de la Region et ouefs à l‘ ecluse“, dazu Champagne du Aldi, wegen mehr als 5000 Zugriffen auf den Blog – bon appetit.
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